Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Abfälle. Verbringung. Illegale Verbringung. Falsche oder inkohärente Angaben in dem Dokument nach Anhang VII dieser Verordnung. Bei einem Verstoß gegen diese Verordnung zu verhängende Sanktionen. Verhältnismäßigkeit
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 Art. 2 Nr. 35; Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 Art. 50 Abs. 1
Beteiligte
Országos Környezetvédelmi és Természetvédelmi Főfelügyelőség |
Tenor
1. Art. 2 Nr. 35 Buchst. g Ziff. iii der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen in der durch die Verordnung (EU) Nr. 255/2013 der Kommission vom 20. März 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Verbringung von Abfällen, wie den in Anhang III dieser Verordnung aufgeführten, die zur Verwertung bestimmt sind, als illegal im Sinne dieser Bestimmung einzustufen ist, wenn das in Anhang VII dieser Verordnung genannte Begleitdokument zu dieser Verbringung fehlerhafte oder inkohärente Angaben (wie die in den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Begleitdokumenten) in Bezug auf den Importeur/Empfänger, die Verwertungsanlage oder die betroffenen Staaten enthält, unabhängig davon, ob diese Angaben in anderen Dokumenten, die den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt worden sind, zutreffend gemacht worden sind, die zuständigen Behörden vorsätzlich getäuscht werden sollten und die zuständigen Behörden das in Art. 24 dieser Verordnung vorgesehene Verfahren durchführen.
2. Art. 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1013/2006 in der durch die Verordnung Nr. 255/2013 geänderten Fassung, wonach die Sanktionen, die die Mitgliedstaaten bei einem Verstoß gegen diese Verordnung verhängen, verhältnismäßig sein müssen, ist dahin auszulegen, dass eine Verbringung von Abfällen, bei der das in Anhang VII dieser Verordnung genannte Begleitdokument fehlerhafte oder inkohärente Angaben enthält, grundsätzlich mit einer Geldbuße geahndet werden kann, deren Höhe dem der Geldbuße entspricht, die bei einem Verstoß gegen die Pflicht, dieses Dokument auszufüllen, festgesetzt wird. Im Rahmen der Kontrolle der Verhältnismäßigkeit einer solchen Sanktion muss das vorlegende Gericht insbesondere die Gefahren berücksichtigen, die der betreffende Verstoß für den Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit mit sich bringen kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fővárosi Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Hauptstädtisches Verwaltungs- und Arbeitsgericht, Ungarn) mit Entscheidung vom 2. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Februar 2015, in dem Verfahren
Nutrivet D.O.O.E.L.
gegen
Országos Környezetvédelmi és Természetvédelmi Főfelügyelőség
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Lycourgos (Berichterstatter), E. Juhász und C. Vajda sowie der Richterin K. Jürimäe,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und M. Tátrai als Bevollmächtigte,
- der luxemburgischen Regierung, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman, M. Bulterman und H. Stergiou als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Havas, A. Sipos und D. Loma-Osorio Lerena als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 35 Buchst. g Ziff. iii, Art. 18 Abs. 1 Buchst. a und Art. 50 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1) in der durch die Verordnung (EU) Nr. 255/2013 der Kommission vom 20. März 2013 (ABl. 2013, L 79, S. 19) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1013/2006) sowie von Nr. 15 des Anhangs IC dieser Verordnung.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nutrivet D.O.O.E.L. und der Országos Környezetvédelmi és Természetvédelmi Főfelügyelőség (Nationale Generalinspektion für Umwelt- und Naturschutz; im Folgenden: nationale Aufsichtsbehörde) wegen der von dieser für Verstöße gegen die Regelung über die Verbringung von Abfällen verhängten Geldbußen.
Rechtlicher Rahmen
Recht der Europäischen Union
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 1, 7, 15, 21 und 33 der Verordnung Nr. 1013/2006 heißt es:
„(1) Wichtigster und vorrangiger Zweck und Gegenstand dieser Verordnung ist der Umweltschutz; ihre Auswirkungen auf den internationalen Handel sind zweitrangig.
…
(7) Die Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen müssen so organisiert und geregelt werden, dass der Notwendigkeit, die Qualität der Umwe...