Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnung (EG) Nr. 44/2001. Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich. Verordnung (EG) Nr. 261/2004. Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und Art. 7 Abs. 1 Buchst. a. Übereinkommen von Montreal. Art. 33 Abs. 1. Luftverkehr. Klagen von Fluggästen gegen Fluggesellschaften auf Ausgleichszahlungen bei Annullierung von Flügen. Erfüllungsort der Leistung. Gerichtliche Zuständigkeit bei einer Beförderung im Luftverkehr von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat durch eine in einem dritten Mitgliedstaat ansässige Fluggesellschaft
Beteiligte
Tenor
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Fall einer Beförderung von Personen im Luftverkehr von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat auf der Grundlage eines mit einer einzigen Luftfahrtgesellschaft, dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, geschlossenen Vertrags für eine auf diesen Beförderungsvertrag und die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 gestützte Klage auf Ausgleichszahlungen nach Wahl des Klägers das Gericht des Ortes des Abflugs oder das des Ortes der Ankunft des Flugzeugs entsprechend der Vereinbarung dieser Orte in dem Vertrag zuständig ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 22. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Mai 2008, in dem Verfahren
Peter Rehder
gegen
Air Baltic Corporation
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis und J. Malenovský,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Rehder, vertreten durch Rechtsanwalt J. Kummer,
- der Air Baltic Corporation, vertreten durch Rechtsanwalt G.-S. Hök,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Kemper als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
- der lettischen Regierung, vertreten durch E. Eihmane und U. Dreimanis als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth als Bevollmächtigten,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.-M. Rouchaud-Joët und S. Grünheid als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Rehder und der Air Baltic Corporation (im Folgenden: Air Baltic) infolge der Annullierung eines von Herrn Rehder bei dieser Gesellschaft gebuchten Fluges von München (Deutschland) nach Vilnius (Wilna, Litauen).
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 44/2001 ist am 1. März 2002 in Kraft getreten und nach ihrem Art. 68 Abs. 1 an die Stelle des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung späterer Änderungen (ABl. 1998, C 27, S. 1, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) getreten.
Rz. 4
Im ersten Erwägungsgrund dieser Verordnung wird dargelegt, dass sich „[d]ie Gemeinschaft … zum Ziel gesetzt [hat], einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums hat die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen zu erlassen.”
Rz. 5
Im zweiten Satz des zweiten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 44/2001 heißt es, dass „[e]s … unerlässlich [ist], Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung und Vollstreckung von Entscheid...