Entscheidungsstichwort (Thema)
Marken. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b und 2 und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/104/EWG. Freihaltebedürfnis. Drei-Streifen-Bildmarken. Zwei-Streifen-Motive, die von Wettbewerbern als Dekoration verwendet werden. Vorwurf der Verletzung und Verwässerung der Marke
Beteiligte
adidas und adidas Benelux |
H&M Hennes & Mauritz Netherlands BV |
Tenor
Die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass das Freihaltebedürfnis bei der Beurteilung des Umfangs des ausschließlichen Rechts des Inhabers einer Marke nur zu berücksichtigen ist, soweit die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie festgelegte Beschränkung der Wirkungen der Marke anwendbar ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 16. Februar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Februar 2007, in dem Verfahren
adidas AG,
adidas Benelux BV
gegen
Marca Mode CV,
C&A Nederland CV,
H&M Hennes & Mauritz Netherlands BV,
Vendex KBB Nederland BV
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano, A. Borg Barthet, M. Ilešič (Berichterstatter) und E. Levits,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Dezember 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der adidas AG und der adidas Benelux BV, vertreten durch G. Vos und A. Quaedvlieg, advocaten,
- der Marca Mode CV und der Marca CV, vertreten durch J. Brinkhof, advocaat,
- der H&M Hennes & Mauritz Netherlands BV, vertreten durch G. van Roeyen, advocaat,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Gibbs als Bevollmächtigte im Beistand von M. Edenborough, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Januar 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, im Folgenden: Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der adidas AG und der adidas Benelux BV einerseits und der Marca Mode CV (im Folgenden: Marca Mode), der C&A Nederland CV (im Folgenden: C&A), der H&M Hennes & Mauritz Netherlands BV (im Folgenden: H&M) und der Vendex KBB Nederland BV (im Folgenden: Vendex) andererseits wegen des Schutzumfangs von Drei-Streifen-Bildmarken, deren Inhaberin die adidas AG ist.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Art. 3 der Richtlinie mit dem Titel „Eintragungshindernisse – Ungültigkeitsgründe” bestimmt in Abs. 1:
„Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:
- Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind,
- Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,
- Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,
- Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich sind,
Zeichen, die ausschließlich bestehen
- aus der Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder
- aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, oder
- aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht,
…”
Rz. 4
Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie lautet:
„Eine Marke wird nicht gemäß Absatz 1 Buchstabe b), c) oder d) von der Eintragung ausgeschlossen oder für ungültig erklärt, wenn sie vor der Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus vorsehen, dass die vorliegende Bestimmung auch dann gilt, wenn die Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde.”
Rz. 5
Art. 5 der Richtlinie mit dem Titel „Rechte aus der Marke” bestimmt in Abs. 1 und 2:
„(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
- ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identis...