Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Aufträge. Voraussetzungen für den Ausschluss von einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge. Verpflichtung zur Zahlung der Sozialbeiträge. Einheitliches Dokument über die ordnungsgemäße Erfüllung der Beitragsverpflichtungen. Beseitigung von Unregelmäßigkeiten

 

Normenkette

Richtlinie 2004/18/EG Art. 45; AEUV Art. 49, 56

 

Beteiligte

Ciclat

Ciclat Soc. coop

Autorità per la vigilanza sui contratti pubblici di lavori, servizi e forniture

Consip SpA

 

Tenor

Art. 45 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die den öffentlichen Auftraggeber verpflichtet, einen Verstoß bei der Entrichtung von Sozialbeiträgen, der in einer Bescheinigung festgestellt wird, die vom öffentlichen Auftraggeber von Amts wegen angefordert und von den Sozialversicherungsträgern ausgestellt wird, als Ausschlussgrund anzusehen, wenn dieser Verstoß zum Zeitpunkt der Teilnahme an einer Ausschreibung vorlag, und zwar selbst dann, wenn er zum Zeitpunkt der Vergabe oder der Überprüfung von Amts wegen durch den öffentlichen Auftraggeber nicht mehr vorhanden war.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 3. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 29. April 2015, in dem Verfahren

Ciclat Soc. coop.

gegen

Consip SpA,

Autorità per la Vigilanza sui Contratti Pubblici di lavori, servizi e forniture,

Beteiligte:

Istituto nazionale per l'assicurazione contro gli infortuni sul lavoro (INAIL),

Team Service SCARL als Beauftragte der ATI-Snam Lazio Sud Srl und der Ati-Linda Srl,

Consorzio Servizi Integrati

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters C. Vajda (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Ciclat Soc. coop., vertreten durch S. Sticchi Damiani, avvocato,
  • der Consip SpA, vertreten durch A. Clarizia, avvocato,
  • des Istituto nazionale per l'assicurazione contro gli infortuni sul lavoro (INAIL), vertreten durch L. Frasconà und G. Catalano, avvocati,
  • des Consorzio Servizi Integrati, vertreten durch G. Viglione, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Varone und C. Colelli, avvocati dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und A. Tokár als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114) und der Art. 49 und 56 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Ciclat Soc. coop. (im Folgenden: Ciclat) auf der einen Seite und der Consip SpA und der Autorità per la vigilanza sui contratti pubblici di lavori, servizi e forniture (Aufsichtsbehörde für öffentliche Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge) auf der anderen Seite wegen eines Vergabeverfahrens für die Erbringung von Reinigungsdienstleistungen und anderen Dienstleistungen der Unterhaltung von Gebäuden, Bildungseinrichtungen und Ausbildungszentren der öffentlichen Verwaltung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 heißt es:

„Die Vergabe von Aufträgen in den Mitgliedstaaten auf Rechnung des Staates, der Gebietskörperschaften und anderer Einrichtungen des öffentlichen Rechts ist an die Einhaltung der im Vertrag niedergelegten Grundsätze gebunden, insbesondere des Grundsatzes des freien Warenverkehrs, des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit und des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit sowie der davon abgeleiteten Grundsätze wie z. B. des Grundsatzes der Gleichbehandlung, des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Grundsatzes der Transparenz. Für öffentliche Aufträge, die einen bestimmten Wert überschreiten, empfiehlt sich indessen die Ausarbeitung von auf diesen Grundsätzen beruhenden Bestimmungen zur gemeinschaftlichen Koordinierung der nationalen Verfahren für die Vergabe solcher Aufträge, um die Wirksamkeit dieser Grundsätze und die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswese...

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