Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Art. 10 EG, 71 EG und 80 Abs. 2 EG. Sicherheit im Seeverkehr. Kontrolle von Schiffen und Hafenanlagen. Völkerrechtliche Verträge. Jeweilige Befugnisse der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten
Beteiligte
Kommission / Griechenland |
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 10 EG, 71 EG und 80 Abs. 2 EG verstoßen, dass sie der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) einen Vorschlag (MSC 80/5/11) vorgelegt hat, der die Kontrolle betrifft, ob die Schiffe und Hafenanlagen den Anforderungen des Kapitels XI-2 des am 1. November 1974 in London geschlossenen Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See und des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen entsprechen.
2. Die Hellenische Republik trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 2. Februar 2007,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Simonsson, M. Konstantinidis, F. Hoffmeister und I. Zervas als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Hellenische Republik, vertreten durch A. Samoni-Rantou und S. Chala als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch I. Rao als Bevollmächtigte im Beistand von D. Anderson, QC,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), der Richter J.-C. Bonichot, K. Schiemann und J. Makarczyk sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2008,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. November 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
In ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 10 EG, 71 EG und 80 Abs. 2 EG verstoßen hat, dass sie der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) einen Vorschlag (MSC 80/5/11, im Folgenden: streitiger Vorschlag) vorgelegt hat, der die Kontrolle betrifft, ob die Schiffe und Hafenanlagen den Anforderungen des Kapitels XI-2 des am 1. November 1974 in London geschlossenen Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (im Folgenden: SOLAS-Übereinkommen) und des Internationalen Codes für die Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (im Folgenden: ISPS-Code) entsprechen.
Rz. 2
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 2. August 2007 ist das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Hellenischen Republik zugelassen worden.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Die Verordnung (EG) Nr. 725/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen und in Hafenanlagen (ABl. L 129, S. 6, im Folgenden: Verordnung) sieht in Art. 1 („Ziele”) vor:
„(1) Hauptziel dieser Verordnung ist die Einführung und Umsetzung gemeinschaftlicher Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr auf Schiffen im internationalen Seehandel und im nationalen Verkehr sowie zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in den ihnen dienenden Hafenanlagen angesichts der Bedrohung durch vorsätzliche rechtswidrige Handlungen.
(2) Die Verordnung dient außerdem als Grundlage für die harmonisierte Auslegung und Umsetzung sowie die gemeinschaftliche Kontrolle der besonderen Maßnahmen zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in der Schifffahrt, die von der Diplomatischen Konferenz der IMO am 12. Dezember 2002 zur Änderung des [SOLAS-Übereinkommens] sowie zur Einführung des [ISPS-Codes] angenommen wurden.”
Rz. 4
Art. 3 der Verordnung („Gemeinsame Maßnahmen und Anwendungsbereich”) bestimmt:
„(1) Im internationalen Seeverkehr wenden die Mitgliedstaaten ab dem 1. Juli 2004 die besonderen Maßnahmen des SOLAS-Übereinkommens zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in der Schifffahrt und Teil A des ISPS-Codes gemäß den Bedingungen und für die Schiffe, Unternehmen und Hafenanlagen an, die in diesen Vorschriften genannt sind.
(2) Im nationalen Seeverkehr wenden die Mitgliedstaaten ab dem 1. Juli 2005 die besonderen Maßnahmen des SOLAS-Übereinkommens zur Erhöhung der Gefahrenabwehr in der Schifffahrt sowie Teil A des ISPS-Codes auf Fahrgastschiffe an, die für einen nationalen Verkehrsdienst eingesetzt werden und der Klasse A im Sinne des Artikels 4 der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe [ABl. L 144, S. 1, in der zuletzt durch die Richtlinie 2003/75/EG der Kommission vom 29. Juli 2003 (ABl. L 190, S. 6) geänderten Fassung] angehören, sowie auf ihre Unternehmen im Sinne der Regel IX/1 des...