Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Geltungsbereich. Dienstleistungsvertrag. Vertrag über die Beförderung von Personen. Karten, die dem Inhaber das Recht verschaffen, beim späteren Abschluss von Personenbeförderungsverträgen Rabatte in Anspruch zu nehmen. Online-Verkauf dieser Karten, ohne den Verbraucher über das Widerrufsrecht zu informieren

 

Normenkette

Richtlinie 2011/83/EU Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 3 Buchst. k

 

Beteiligte

Verbraucherzentrale Berlin

Verbraucherzentrale Berlin e. V

DB Vertrieb GmbH

 

Tenor

1. Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Dienstleistungsvertrag” Verträge erfasst, die den Verbraucher zur Inanspruchnahme eines Rabatts beim späteren Abschluss von Personenbeförderungsverträgen berechtigen.

2. Art. 3 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2011/83 ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag, der den Verbraucher zur Inanspruchnahme eines Rabatts beim späteren Abschluss von Personenbeförderungsverträgen berechtigt, nicht unter den Begriff „Vertrag über die Beförderung von Personen” fällt und infolgedessen in den Geltungsbereich der Richtlinie einschließlich ihrer Bestimmungen über das Widerrufsrecht fällt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Deutschland) mit Entscheidung vom 13. September 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 20. September 2018, in dem Verfahren

Verbraucherzentrale Berlin e. V.

gegen

DB Vertrieb GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters D. Šváby in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Oktober 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Verbraucherzentrale Berlin e. V., vertreten durch die Rechtsanwälte J. Hennig und J. Christ,
  • der DB Vertrieb GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt B. Bräutigam,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und S. Šindelková als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und C. Valero als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 6 und Art. 3 Abs. 3 Buchst. k der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011, L 304, S. 64).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Verbraucherzentrale Berlin e. V. und der DB Vertrieb GmbH wegen der Anforderungen an den Online-Vertrieb einer Karte, die ihrem Inhaber das Recht verschafft, beim späteren Erwerb von Fahrscheinen für die Personenbeförderung Rabatte in Anspruch zu nehmen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 27 und 49 der Richtlinie 2011/83 heißt es:

„(27) Beförderungsdienstleistungen schließen die Beförderung von Personen und die Beförderung von Gütern ein. Die Beförderung von Personen sollte vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein, weil sie bereits im Rahmen anderer Unionsvorschriften geregelt wird, beziehungsweise, was den öffentlichen Verkehr und Taxis betrifft, auf nationaler Ebene geregelt ist. Die in dieser Richtlinie enthaltenen Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers gegen überhöhte Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel oder gegen versteckte Kosten sollten jedoch auch auf Personenbeförderungsverträge Anwendung finden. In Bezug auf die Beförderung von Gütern und die Vermietung von Kraftfahrzeugen, sofern diese Dienstleistungen darstellen, sollten Verbraucher mit Ausnahme des Widerrufsrechts durch diese Richtlinie geschützt werden.

(49) Es sollten sowohl für Fernabsatzverträge als auch für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge bestimmte Ausnahmen vom Widerrufsrecht gelten. … Die Einräumung eines Widerrufsrechts für den Verbraucher könnte … im Fall bestimmter Dienstleistungen unangebracht sein, bei denen der Vertragsabschluss die Bereitstellung von Kapazitäten mit sich bringt, die der Unternehmer im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts möglicherweise nicht mehr a...

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