Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbraucherschutz. Verbraucherkreditverträge. Richtlinie 2008/48/EG. Art. 22, 24 und 30. Nationale Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie. Anwendbarkeit auf Verträge, die nicht in den sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich der genannten Richtlinie einbezogen sind. Pflichten, die in dieser Richtlinie nicht vorgesehen sind. Beschränkung der Bankprovisionen, die der Kreditgeber erheben darf. Art. 56 AEUV, 58 AEUV und 63 AEUV. Pflicht, im nationalen Recht angemessene und wirksame Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu schaffen
Beteiligte
Autoritatea Naţională pentru Protecţia Consumatorilor – Comisariatul Judeţean pentru Protecţia Consumatorilor Călăraşi (CJPC) |
Tenor
1. Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass er es nicht verbietet, dass eine innerstaatliche Maßnahme zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht in ihren sachlichen Anwendungsbereich Kreditverträge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die die Gewährung eines durch Grundpfandrechte gesicherten Kreditvertrags zum Gegenstand haben, einbezieht, obwohl solche Verträge nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie ausdrücklich von deren sachlichem Geltungsbereich ausgenommen sind.
2. Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ist dahin auszulegen, dass er es nicht verbietet, dass eine innerstaatliche Maßnahme zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht ihren zeitlichen Anwendungsbereich in der Weise bestimmt, dass diese Maßnahme auch auf vom sachlichen Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgenommene und zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten innerstaatlichen Maßnahme bereits laufende Kreditverträge wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden anwendbar ist.
3. Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ist dahin auszulegen, dass er es nicht verbietet, dass eine innerstaatliche Maßnahme zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht den Kreditinstituten Pflichten auferlegt, die in der genannten Richtlinie nicht vorgesehen sind, was die Arten von Provisionen betrifft, die diese im Rahmen von in den Anwendungsbereich dieser Maßnahme fallenden Verbraucherkreditverträgen erheben dürfen.
4. Die Bestimmungen des AEU-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr sind dahin auszulegen, dass sie einer Vorschrift des nationalen Rechts, die Kreditinstituten die Erhebung bestimmter Bankprovisionen verbietet, nicht entgegenstehen.
5. Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 ist dahin auszulegen, dass er einer Vorschrift nicht entgegensteht, die Teil der innerstaatlichen Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie 2008/48 ist und die es den Verbrauchern bei Rechtsstreitigkeiten über Verbraucherkredite ermöglicht, sich unmittelbar an eine Verbraucherschutzbehörde zu wenden, die daraufhin gegen die Kreditinstitute wegen Verstoßes gegen diese innerstaatliche Maßnahme Sanktionen verhängen kann, ohne zuvor ein im nationalen Recht für derartige Rechtsstreitigkeiten vorgesehenes Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung in Anspruch nehmen zu müssen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Judecătoria Călăraşi (Rumänien) mit Entscheidung vom 6. Dezember 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Dezember 2010, in dem Verfahren
SC Volksbank România SA
gegen
Autoritatea Naţională pentru Protecţia Consumatorilor – Comisariatul Judeţean pentru Protecţia Consumatorilor Călăraşi (CJPC)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin), des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. April 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der SC Volksbank România SA, vertreten durch die Rechtsanwälte M. Niculeasa, R. Damaschin und R. Nanescu,
- der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu und R.-I. Munteanu als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčcil als Bevollmächtigte,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Bouyon und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 22, 24...