Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 15. November 2000 über die staatliche Beihilfe Belgiens zugunsten des Stahlunternehmens Cockerill Sambre SA. Finanzierung einer Übergangszulage zum Ausgleich der Einkommenseinbußen der tarifgebundenen Arbeitnehmer infolge der Verkürzung ihrer Arbeitszeit als staatliche Beihilfen. Kriterien für die Qualifizierung von Maßnahmen als staatliche Beihilfen. Erfordernis eines wirtschaftlichen Vorteils der Begünstigten für die Qualifizierung von Maßnahmen als staatliche Beihilfen. Erlass einer Entscheidung der Kommission nach Ablauf der in Art. 6 Abs. 5 des Sechsten Stahlbeihilfenkodex vorgesehenen Frist von drei Monaten. Umfang des Begründungserfordernisses bei der Bezeichnung von Maßnahmen als mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen im Sinne des EGKS-Vertrags
Normenkette
EGKS-Vertrag Art. 33 Abs. 1
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Das Königreich Belgien trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1.
Das Königreich Belgien hat mit Klageschrift, die am 8. Januar 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 33 Absatz 1 KS Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2001/198/EGKS der Kommission vom 15. November 2000 über die staatliche Beihilfe Belgiens zugunsten des Stahlunternehmens Cockerill Sambre SA (ABl. 2001, L 71, S. 23, nachfolgend: angefochtene Entscheidung) erhoben.
Rechtlicher Rahmen
Der EGKS-Vertrag
2.
In Artikel 4 KS heißt es:
Als unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl werden innerhalb der Gemeinschaft gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages aufgehoben und untersagt:
…
c)
von den Staaten bewilligte Subventionen oder Beihilfen oder von ihnen auferlegte Sonderlasten, in welcher Form dies auch immer geschieht;
…
3.
Artikel 15 Absatz 1 KS sieht vor:
Die Entscheidungen, Empfehlungen und Stellungnahmen der Kommission sind mit Gründen zu versehen und haben auf die pflichtgemäß eingeholten Stellungnahmen Bezug zu nehmen.
4.
Artikel 95 Absatz 1 KS bestimmt:
In allen in diesem Vertrag nicht vorgesehenen Fällen, in denen eine Entscheidung oder Empfehlung der Kommission erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2, 3 und 4 näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft auf dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl gemäß Artikel 5 zu erreichen, kann diese Entscheidung oder Empfehlung mit einstimmiger Zustimmung des Rates und nach Anhörung des Beratenden Ausschusses ergehen.
Die Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS
5.
In der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 338, S. 42, nachfolgend: Sechster Stahlbeihilfenkodex), die auf der Grundlage von Artikel 95 KS erging und vom 1. Januar 1997 bis zum 22. Juli 2002 galt, ist festgelegt, unter welchen Bedingungen Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie, die von den Mitgliedstaaten, den Gebietskörperschaften oder aus staatlichen Mitteln finanziert werden, als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar angesehen werden können.
6.
Artikel 1 – Grundsätze – des Sechsten Stahlbeihilfenkodex lautet:
1.
Alle Beihilfen zugunsten der Eisen- und Stahlindustrie, gleichgültig ob spezifische oder nichtspezifische Beihilfen, die in jedweder Form von den Mitgliedstaaten bzw. den Gebietskörperschaften oder aus staatlichen Mitteln finanziert werden, können nur dann als Gemeinschaftsbeihilfen und somit als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes vereinbar angesehen werden, wenn sie den Bestimmungen der Artikel 2 bis 5 entsprechen.
2.
Der Begriff ‚Beihilfe’ umfasst auch die Beihilfeelemente, die in den Übertragungen staatlicher Mittel – in Form von Beteiligungen, Kapitalausstattungen oder gleichartigen Maßnahmen (beispielsweise Wandelobligationen oder Darlehen zunichtmarktüblichen Bedingungen, deren Verzinsung oder Tilgung sich zumindest teilweise nach den Betriebsergebnissen richtet, einschließlich Darlehensbürgschaften und Gründstücksübertragungen) – enthalten sind, die von den Mitgliedstaaten, den Gebietskörperschaften oder sonstigen Organen zugunsten von Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie vorgenommen werden und die nicht der normalen Zuführung von haftendem Kapital in Übereinstimmung mit der in einer Marktwirtschaft üblichen Investitionspraxis entsprechen.
3.
Beihilfen im Sinne dieser Entscheidung dürfen nur nach Durchführung des in Artikel 6 vorgesehenen Verfahrens gewährt und nicht nach dem 22. Juli 2002 ausgezahlt werden.
7.
Nach Artikel 6 – Verfahren – des Sechsten Stahlbeihilfenkodex sind alle Beihilfevorhaben und alle Finanzierungsmaßnahmen, die unter Einsatz öffentlicher Mittel zugunsten von Stahlunternehmen vorgenommen werden sollen, der Kommission mitzuteilen, die sie auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt prüft. Gemäß Artikel 6 Absatz 4 dürfen die geplanten Maßnahmen nur mit...