Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Staatliche Beihilfen. Zuschuss zum Kauf oder zur Miete von Digitaldecodern. Entscheidung der Kommission, mit der eine Beihilferegelung für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird. Rückforderung. Bemessung des zurückzufordernden Betrags. Rolle des nationalen Gerichts. Berücksichtigung der Stellungnahmen der Kommission durch das nationale Gericht im Rahmen der Durchführung ihrer Entscheidung. Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit

 

Beteiligte

Mediaset

Mediaset SpA

Ministero dello Sviluppo economico

 

Tenor

1. Das nationale Gericht ist für die Zwecke der Sicherstellung der Durchführung einer Entscheidung der Europäischen Kommission, mit der eine Beihilferegelung für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird und durch die die Rückforderung der in Rede stehenden Beihilfen angeordnet wird, durch die aber nicht die einzelnen Begünstigten dieser Beihilfen bestimmt werden und die genaue Höhe der zu erstattenden Beträge festgesetzt wird, zwar an diese Entscheidung gebunden, nicht hingegen an von der Kommission im Rahmen der Durchführung der Entscheidung abgegebene Stellungnahmen. Jedoch muss das nationale Gericht angesichts des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit nach Art. 4 Abs. 3 EUV diese Stellungnahmen im Rahmen des bei ihm anhängigen Rechtsstreits als Beurteilungsgesichtspunkt berücksichtigen.

2. Das nationale Gericht kann bei der Bestimmung der genauen Beträge der zurückzufordernden Beihilfen, wenn die Europäische Kommission in ihrer Entscheidung, mit der eine Beihilferegelung für rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird, weder die einzelnen Begünstigten der in Rede stehenden Beihilfen noch die genauen zu erstattenden Beträge bestimmt hat, zu dem Ergebnis kommen – ohne die Gültigkeit der Entscheidung der Europäischen Kommission oder die Verpflichtung zur Erstattung der in Rede stehenden Beihilfen in Frage zu stellen –, dass der Betrag der zu erstattenden Beihilfe gleich null ist, wenn sich dies aus den Berechnungen ergibt, die auf der Grundlage der Gesamtheit der ihm zur Kenntnis gebrachten relevanten Umstände durchgeführt wurden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale civile di Roma (Italien) mit Entscheidung vom 19. November 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Februar 2013, in dem Verfahren

Mediaset SpA

gegen

Ministero dello Sviluppo Economico

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter),

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 2013,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Mediaset SpA, vertreten durch L. Medugno, A. Lauteri, G. Rossi, G. M. Roberti, M. Serpone und I. Perego, avvocati,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. De Stefano, avvocato dello Stato,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Grespan, B. Stromsky und G. Conte als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts über staatliche Beihilfen.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mediaset SpA (im Folgenden: Mediaset) und dem Ministero dello Sviluppo Economico wegen der Rückforderung der staatlichen Beihilfe, die die Italienische Republik Mediaset im Rahmen einer Beihilferegelung zugunsten der terrestrischen digitalen Sender, die Bezahlfernsehdienste anbieten, und der Kabelsender, die Bezahlfernsehdienste anbieten, gewährt hat, die durch die Entscheidung 2007/374/EG der Kommission vom 24. Januar 2007 über die staatliche Beihilfe C 52/2005 (ex NN 88/2005, ex CP 101/2004), die die Italienische Republik mit ihrem Zuschuss zur Anschaffung von Digitaldecodern gewährt hat (ABl. L 147, S. 1) (im Folgenden: Entscheidung 2007/374), für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 659/1999

Rz. 3

Art. 14 („Rückforderung von Beihilfen”) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) lautet wie folgt:

„(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend ‚Rückforderungsentscheidung’ genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeine...

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