Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG). Fernsehen. Werbung. Nationale Maßnahme, die die Fernsehwerbung für im Inland vertriebene alkoholische Getränke verbietet, soweit es sich dabei um indirekte Fernsehwerbung in der Form handelt, dass während der Übertragung bestimmter Sportveranstaltungen Werbetafeln auf dem Bildschirm zu sehen sind. ‚Loi Evin’

 

Beteiligte

Kommission / Frankreich

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Französische Republik

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.

3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-262/02

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. van Lier als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch K. Manji als Bevollmächtigten im Beistand von K. Beal, Barrister,

Streithelfer,

gegen

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Feststellung, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) verstoßen hat, indem sie die Fernsehübertragung in Frankreich von in anderen Mitgliedstaaten stattfindenden Sportveranstaltungen durch französische Fernsehanstalten von der vorherigen Entfernung der Werbung für alkoholische Getränke abhängig gemacht hat,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), A. Rosas, C. Gulmann, J.-P. Puissochet und J. N. Cunha Rodrigues, der Richter R. Schintgen und S. von Bahr sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Beteiligten in der Sitzung vom 25. November 2003, in der die Kommission durch H. van Lier und durch W. Wils als Bevollmächtigten, die Französische Republik durch G. de Bergues und R. Loosli-Surrans und das Vereinigte Königreich durch K. Manji im Beistand von P. Harris, Barrister, vertreten waren,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

11. März 2004,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 16. Juli 2002 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 226 EG Klage erhoben auf Feststellung, dass die Französische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) verstoßen hat, indem sie die Fernsehübertragung in Frankreich von in anderen Mitgliedstaaten stattfindenden Sportveranstaltungen durch französische Fernsehanstalten von der vorherigen Entfernung der Werbung für alkoholische Getränke abhängig gemacht hat.

Rechtlicher Rahmen

Grundlegende Vorschriften

2. Mit dem Gesetz Nr. 91-32 vom 10. Januar 1991 über die Bekämpfung des Missbrauchs von Tabak und Alkohol (Loi relative à la lutte contre le tabagisme et l'alcoolisme), der so genannten Loi Evin (JORF vom 12. Januar 1991, S. 615, im Folgenden: Loi Evin), wurden u. a. die Artikel L. 17 bis L. 21 des Gesetzes über den Getränkeausschank (Code des débits de boissons) geändert, die die Werbung für alkoholische Getränke mit einem Alkoholgehalt von über 1,2 % beschränken.

3. Nach diesen Bestimmungen ist die direkte oder indirekte Fernsehwerbung für alkoholische Getränke verboten; dieses Verbot wurde auch in Artikel 8 des Dekrets Nr. 92-280 vom 27. März 1992 zur Durchführung von Artikel 27 des Gesetzes vom 30. September 1986 über die Kommunikationsfreiheit und zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze der Regelung für Werbung und Sponsoring (Décret pris pour l'application de l'article 27 de la loi relative à la liberté de communication et fixant les principes généraux concernant le régime applicable à la publicité et au parrainage, JORF vom 28. März 1992, S. 4313) aufgenommen.

4. Andere Formen der Werbung sind dagegen nach der französischen Regelung erlaubt. So ist es z. B. zulässig, in der Presse, im Radio (außer zu bestimmten Zeiten) oder auf Plakaten und Schildern, so u. a. auch auf den Werbetafeln von Sportanlagen, für alkoholische Getränke zu werben.

5. Eine Zuwiderhandlung gegen die Loi Evin wird im französischen Strafrecht als délit (Vergehen) behandelt.

Verfahrensvorschriften

6. Nach Artikel 42 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 86-1067 vom 30. September 1986 über die Kommunikationsfreiheit (Loi relative à la liberté de communication), der so genannten Loi Leótard (JORF vom 1. Oktober 1986, S. 11755), hat der Conseil superieur de l'audiovisuel (Aufsichtsgremium für die audiovisuellen Medien, im Folgenden: CSA) die Anwendung der Loi Evin zu überwachen. Dabei kann der CSA die Verbreiter von Fernsehdienstleistungen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen auffordern und, falls si...

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