Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbrauchsgüterkauf und Garantie für Verbrauchsgüter. Haftungsdauer des Verkäufers. Verjährungsfrist. Gebrauchte Güter. Vertragliche Begrenzung der Haftung des Verkäufers
Normenkette
Richtlinie 1999/44/EG Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2
Beteiligte
Tenor
Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es erlaubt, dass die Verjährungsfrist für die Klage eines Verbrauchers eine kürzere Dauer als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes beträgt, wenn dieser Mitgliedstaat von der in der zweiten dieser Bestimmungen der Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, und wenn der Verkäufer und der Verbraucher für das betreffende gebrauchte Gut eine Haftungsfrist des Verkäufers vereinbart haben, die kürzer als zwei Jahre, nämlich ein Jahr, ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour d'appel de Mons (Appellationsgericht Mons, Belgien) mit Entscheidung vom 22. Februar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2016, in dem Verfahren
Christian Ferenschild
gegen
JPC Motor SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Ferenschild, vertreten durch P.-E. Partsch, avocat,
- der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm, J.-C. Halleux und M. Jacobs als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch G. Goddin und D. Roussanov als Bevollmächtigte, dann durch G. Goddin und C. Valero als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. April 2017,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. 1999, L 171, S. 12).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Christian Ferenschild und der JPC Motor SA unter anderem über eine Forderung auf Ersatz des aufgrund der Vertragswidrigkeit eines bei diesem Unternehmen erworbenen Fahrzeugs erlittenen Schadens.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der siebte Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/44 lautet:
„Waren müssen vor allem vertragsgemäß sein. Der Grundsatz der Vertragsmäßigkeit kann als gemeinsames Element der verschiedenen einzelstaatlichen Rechtstraditionen betrachtet werden. Im Rahmen bestimmter einzelstaatlicher Rechtstraditionen ist es möglicherweise nicht möglich, sich allein auf diesen Grundsatz zu stützen, um ein Mindestmaß an Verbraucherschutz zu gewährleisten. Insbesondere im Rahmen solcher Rechtstraditionen könnte es nützlich sein, zusätzliche innerstaatliche Bestimmungen vorzusehen, um den Verbraucherschutz für den Fall zu gewährleisten, dass die Parteien sich entweder nicht auf spezifische Vertragsklauseln geeinigt haben oder aber Vertragsklauseln vorgesehen oder Vereinbarungen getroffen haben, aufgrund deren die Rechte des Verbrauchers unmittelbar oder mittelbar außer Kraft gesetzt oder eingeschränkt werden. Soweit sich diese Rechte aus dieser Richtlinie ergeben, sind solche Vertragsklauseln oder Vereinbarungen für den Verbraucher nicht bindend.”
Rz. 4
Im 16. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:
„Gebrauchte Güter können aufgrund ihrer Eigenart im Allgemeinen nicht ersetzt werden. Bei diesen Gütern hat der Verbraucher deshalb in der Regel keinen Anspruch auf Ersatzlieferung. Die Mitgliedstaaten können den Parteien gestatten, für solche Güter eine kürzere Haftungsdauer zu vereinbaren.”
Rz. 5
Der 17. Erwägungsgrund der Richtlinie sieht vor:
„Es ist zweckmäßig, den Zeitraum, innerhalb dessen der Verkäufer für Vertragswidrigkeiten haftet, die zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestanden, zu begrenzen. Die Mitgliedstaaten können ferner eine Frist vorsehen, innerhalb deren die Verbraucher ihre Ansprüche geltend machen können, sofern diese Frist nicht vor Ablauf von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung endet. Wird in innerstaatlichen Rechtsvorschriften für den Beginn einer Frist ein anderer Zeitpunkt als die Lieferung des Gutes festgelegt, so darf die Gesamtdauer der in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften festgelegten Frist einen Zeitraum von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt der Lieferung nicht unterschreiten.”
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