Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit. Wandererwerbstätige. Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften. Person, die gewöhnlich im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten abhängig beschäftigt ist. Person, die in einem Mitgliedstaat beschäftigt ist und während eines unbezahlten Urlaubs von drei Monaten eine entlohnte Tätigkeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausübt

 

Normenkette

Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Art. 14 Nr. 2 Buchst. b Ziff. I

 

Beteiligte

XX

Staatssecretaris van Financiën

 

Tenor

Art. 14 Nr. 2 Buchst. b Ziff. i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung, die wiederum durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 geändert wurde, ist dahin auszulegen, dass eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnt und abhängig beschäftigt ist und die während eines Zeitraums von drei Monaten unbezahlten Urlaub nimmt und in dieser Zeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, als im Sinne dieser Vorschrift gewöhnlich im Gebiet von zwei Mitgliedstaaten abhängig beschäftigt anzusehen ist, sofern sie zum einen während dieses Urlaubszeitraums nach den Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit des ersten Mitgliedstaats als abhängig beschäftigt angesehen wird und zum anderen die Tätigkeit im Gebiet des zweiten Mitgliedstaats einen gewohnheitsmäßigen und nennenswerten Charakter hat. Dies zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 30. Oktober 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2015, in dem Verfahren

X

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richter M. Vilaras, J. Malenovský, M. Safjan und D. Šváby,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Bulterman und M. Noort als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. März 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 2 Buchst. a und Art. 14 Nr. 2 Buchst. b Ziff. i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, die wiederum durch die Verordnung (EG) Nr. 592/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 (ABl. 2008, L 177, S. 1) geändert wurde (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen X und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, Niederlande) wegen eines Bescheids über Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

In Art. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 heißt es:

„Für die Anwendung dieser Verordnung werden die nachstehenden Begriffe wie folgt definiert:

a)

‚Arbeitnehmer’ oder ‚Selbständiger’: jede Person,

i)

die gegen ein Risiko oder gegen mehrere Risiken, die von den Zweigen eines Systems der sozialen Sicherheit für Arbeitnehmer oder Selbständige oder einem Sondersystem für Beamte erfasst werden, pflichtversichert oder freiwillig weiterversichert ist;

…”

Rz. 4

Art. 13 der Verordnung bestimmt:

„(1)

Vorbehaltlich der Artikel 14c und 14f unterliegen Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften diese sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2)

Soweit nicht die Artikel 14 bis 17 etwas anderes bestimmen, gilt Folgendes:

a)

Eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats abhängig beschäftigt ist, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt oder ihr Arbeitgeber oder das Unternehmen, das sie beschäftigt, seinen Wohnsitz oder Betriebssitz im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats hat;

…”

Rz. 5

Art. 14 der Verordnung sieht vor:

„Vom Grundsatz des A...

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