Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleich von Fachkenntnissen mit nationalem Recht. Inhaber eines argentinischen Diploms. Anerkennung als Hochschulabschluss in Medizin und Chirurgie. Antrag auf Ausübung des Arztberufs
Normenkette
EGV a.F. Art. 52; Richtlinie 93/16/EWG
Beteiligte
Ministre de l'Emploi et de la Solidarité |
Tenor
Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) ist dahin auszulegen, dass, wenn ein Gemeinschaftsangehöriger in einem Fall, der nicht durch eine Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome geregelt ist, die Zulassung zur Ausübung eines Berufes beantragt, dessen Aufnahme nach dem nationalen Recht vom Besitz eines Diploms oder einer beruflichen Qualifikation oder von Zeiten praktischer Erfahrung abhängt, die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats sämtliche Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise sowie die einschlägige Erfahrung des Betroffenen in der Weise berücksichtigen müssen, dass sie die durch diese Nachweise und dieseErfahrung belegten Fachkenntnisse mit den nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten vergleichen.
Gründe
1.
Das Tribunal administratif Châlons-en-Champagne hat mit Urteil vom 23. Juni 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juli 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Hocsman und dem französischen Minister für Beschäftigung und Solidarität wegen dessen Entscheidung, Herrn Hocsman die Genehmigung für die Ausübung des Arztberufes in Frankreich zu versagen.
Das Gemeinschaftsrecht
3.
Artikel 52 EG-Vertrag lautet:
Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats werden während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben …
[D]ie Niederlassungsfreiheit [umfasst] die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten … nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.
4.
Artikel 57 Absätze 1 und 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 47 Absätze 1 und 3 EG) bestimmt:
(1)
Um die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erlässt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 189b Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise.
…
(3)
Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.
5.
Die Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. L 165, S. 1) gilt nach ihrem Artikel 1 für die von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten ausgeübten Tätigkeiten des angestellten wie auch des freiberuflich tätigen Arztes.
6.
Artikel 2 der Richtlinie 93/16 lautet:
Jeder Mitgliedstaat erkennt die in Artikel 3 aufgeführten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Artikel 23 ausstellen, an und verleiht ihnen in seinem Hoheitsgebiet die gleiche Wirkung in Bezug auf die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten des Arztes wie den von ihm ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen.
7.
Die Artikel 23 und 24 in Titel III (Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsbestimmungen betreffend die Tätigkeit des Arztes) der Richtlinie 93/16 regeln die Voraussetzungen, die eine Ausbildung zum Arzt erfüllen muss, damit das Diplom, das Prüfungszeugnis oder der sonstige Befähigungsnachweis, die am Ende dieser Ausbildung erteilt werden, in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird. Artikel 23 der Richtlinie betrifft das Diplom, das Prüfungszeugnis oder den sonstigen Befähigungsnachweis, die am Ende der allgemeinen Ausbildung erteilt werden, während sich Artikel 24 dieser Richtlinie auf das Diplom, das Prüfungszeugnis oder den sonstigen Befähigungsnachweis eines Facharztes bezieht.
8.
Artikel 23 der Richtlinie 93/16 bestimmt:
(1)
Die Mitgliedstaaten machen die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten des Arztes vom Besitz eines ärztlichen Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen ärztlichen Befähigungsnachweises im Sinne von Artikel 3 abhängig, das bzw. der garantiert, dass der Betreffende im Verlauf seiner gesamten Ausbildungszeit folgende Kenntnisse und Erfahrungen erworben hat:
- angemessene Kenntnisse in den Wissenschaften, auf denen die Medizin beruht, und ein gutes Verständnis für die wissenschaftlichen Methoden einschließlich der Grundsätze der Messung biologischer Funktionen, der Bewertung wissenschaftlich evidenter Sachverhalte sowie der Analyse von ...