Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsbildungsabgabe, Doppelbesteuerung, Berücksichtigung von Lohn- und Gehaltskosten in anderem Mitgliedstaat

 

Leitsatz (amtlich)

Die Art. 43 EG und 48 EG stehen einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, nach der ein Unternehmen mit Sitz in diesem Mitgliedstaat verpflichtet ist, eine Abgabe wie die Berufsausbildungsabgabe zu zahlen, deren Höhe auf der Grundlage seiner Lohn- und Gehaltskosten, einschließlich derjenigen, die auf eine Zweigniederlassung des Unternehmens in einem anderen Mitgliedstaat entfallen, berechnet wird, wenn dieses Unternehmen in der Praxis hinsichtlich dieser Zweigniederlassung daran gehindert ist, die nach der betreffenden Regelung vorgesehenen Möglichkeiten zur Verringerung des Betrags der genannten Abgabe in Anspruch zu nehmen oder Zugang zu ihnen zu erhalten.

 

Normenkette

EGVtr Art. 43, 48

 

Beteiligte

CIBA

CIBA Speciality Chemicals Central and Eastern Europe Szolgáltató, Tanácsadó és Keresdedelmi kft

Adó- és Pénzügyi Ellenorzési Hivatal (APEH) Hatósági Foosztály

 

Verfahrensgang

Pest Megyei Bíróság (Ungarn) (Urteil vom 12.03.2007; Abl.EU 2008, Nr. C 142/12)

 

Tatbestand

„Niederlassungsfreiheit ‐ Direkte Besteuerung ‐ Berufsausbildungsabgabe ‐ Bemessungsgrundlage der Abgabe, die von im Inland ansässigen Unternehmen zu zahlen ist ‐ Berücksichtigung der Lohn- und Gehaltskosten für Arbeitnehmer, die in einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat beschäftigt sind ‐ Doppelbesteuerung ‐ Möglichkeit, den Bruttobetrag der Abgabe zu verringern“

In der Rechtssache C-96/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Pest Megyei Bíróság (Ungarn) mit Entscheidung vom 12. März 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 3. März 2008, in dem Verfahren

CIBA Speciality Chemicals Central and Eastern Europe Szolgáltató, Tanácsadó és Keresdedelmi kft

gegen

Adó- és Pénzügyi Ellenőrzési Hivatal (APEH) Hatósági Főosztály

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer J. N. Cunha Rodrigues in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter A. Rosas und U. Lõhmus (Berichterstatter),

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Februar 2009,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der CIBA Speciality Chemicals Central and Eastern Europe Szolgáltató, Tanácsadó és Keresdedelmi kft, vertreten durch D. Deák, ügyvéd,

‐ der ungarischen Regierung, vertreten durch J. Fazekas, M. Fehér und K. Veres als Bevollmächtigte,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Hill als Bevollmächtigten,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und K. Talabér-Ritz als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. Dezember 2009

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 43 EG und 48 EG.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der CIBA Speciality Chemicals Central and Eastern Europe Szolgáltató, Tanácsadó és Keresdedelmi kft (im Folgenden: CIBA) und dem Adó- és Pénzügyi Ellenőrzési Hivatal (APEH) Hatósági Főosztály (Amt für Steuer- und Finanzprüfung ‐ Behördenhauptabteilung) über die Höhe der von CIBA zu zahlenden Berufsausbildungsabgabe (im Folgenden: BAA).

Rechtlicher Rahmen

Nationales Recht

Rz. 3

In § 2 Abs. 1 des Gesetzes Nr. LXXXVI von 2003 über die Berufsausbildungsabgabe und die Förderung der Entwicklung der Ausbildung (A Szakképzési hozzájárulásról és a képzés fejlesztésének támogatásáról szóló 2003. évi LXXXVI. törvény) (Magyar Közlöny 2003/131, im Folgenden: Gesetz von 2003) heißt es:

„Zur Zahlung der [BAA] verpflichtet sind ‐ unter Berücksichtigung der Festlegungen in den Abs. 3 und 4 ‐ die über einen Sitz im Inland verfügenden … Handelsgesellschaften …“

Rz. 4

§ 2 Abs. 2 des Gesetzes von 2003 bestimmt:

„ Zur Zahlung der [BAA] verpflichtet sind auch die im Inland einer unternehmerischen Tätigkeit nachgehenden und über einen Sitz im Ausland verfügenden juristischen Personen, Gemeinschaftsfirmen ohne Rechtspersönlichkeit, Personenvereinigungen und sonstigen Organisationen, wenn sie im Inland über eine Niederlassung bzw. Zweigniederlassung verfügen.“

Rz. 5

In § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes heißt es:

„Die Bemessungsgrundlage der [BAA] bilden:

a) die durch § 79 Abs. 2 des Gesetzes Nr. C von 2000 über die Rechnungslegung (im Folgenden: Rechnungslegungsgesetz) [A számvitelről szóló 2000. évi C. törvény] festgelegten Lohn- und Gehaltskosten …“

Rz. 6

Aus den schriftlichen Erklärungen von CIBA und der ungarischen Regierung geht hervor, dass der in der Republik Ungarn eingerichtete Arbeitsmarktfonds einen der Berufsausbildung gewidmeten Teil enthält, dessen Ziel es nach § 8 Abs. 1 des Gesetzes von 2003 u. a. ist, die Zahl der von der Volkswirtschaft beanspruchten, zeitgemäß ausgebildeten Fachleute zu erhöhen und ihre fachliche Qualifikation zu entwickeln.

Rz. 7

Diesen Erklärungen zu...

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