Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinie 97/67/EG. Gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarkts der Postdienste. Liberalisierung der Postdienste. Möglichkeit, die grenzüberschreitende Post für den Anbieter des postalischen Universaldienstes zu reservieren, ‚soweit es für die Aufrechterhaltung des Universaldienstes notwendig ist’
Beteiligte
International Mail Spain SL, vormals TNT Express Worldwide Spain SL |
International Mail Spain SL, vormals TNT Express Worldwide Spain SL |
Administración del Estado |
Tenor
Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität ist dahin auszulegen, dass er den Mitgliedstaaten nur insoweit erlaubt, die grenzüberschreitende Post für den Anbieter von postalischen Universaldienstleistungen zu reservieren, als sie nachweisen,
- dass ohne eine solche reservierte Zuweisung die Ausführung dieser Universaldienstleistungen vereitelt würde oder
- dass diese reservierte Zuweisung notwendig ist, damit diese Dienstleistungen zu wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen erbracht werden können.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 7. März 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 27. März 2006, in dem Verfahren
International Mail Spain SL, vormals TNT Express Worldwide Spain SL,
gegen
Administración del Estado
und
Correos
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter A. Tizzano, R. Schintgen, A. Borg Barthet und M. Ilešič,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2007,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der International Mail Spain SL, vertreten durch R. Ballesteros Pomar, abogada,
- der spanischen Regierung, vertreten durch F. Díez Moreno als Bevollmächtigten,
- der belgischen Regierung, vertreten durch A. Hubert als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Vidal Puig und K. Simonsson als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Mai 2007
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der International Mail Spain SL (im Folgenden: International Mail), vormals TNT Express Worldwide Spain SL, und der Administración del Estado sowie Correos über die Entscheidung vom 16. Juni 1999 der Secretaría General de Comunicaciones (Ministerio de Fomento) (Generaldirektion Verkehr des Ministeriums für Infrastruktur und Verkehr; im Folgenden: Generaldirektion Verkehr), mit der gegen International Mail eine Sanktion verhängt wurde, weil sie ohne Erlaubnis des Anbieters von postalischen Universaldienstleistungen für diesen reservierte Postdienste erbracht hatte.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Die Richtlinie 97/67 enthält gemäß ihrem Art. 1 gemeinsame Vorschriften für die Bereitstellung eines postalischen Universaldienstes in der Europäischen Gemeinschaft und die Kriterien zur Abgrenzung der für die Anbieter von Universaldienstleistungen reservierbaren Dienste.
4 Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass den Nutzern ein Universaldienst zur Verfügung steht, der ständig flächendeckend postalische Dienstleistungen einer bestimmten Qualität zu tragbaren Preisen für alle Nutzer bietet. Dieser Universaldienst umfasst gemäß Art. 3 Abs. 7 sowohl Inlandsleistungen als auch grenzüberschreitende Leistungen.
5 Art. 7 in Kapitel 3 „Harmonisierung der reservierbaren Dienste” der Richtlinie bestimmt:
„(1) Soweit es für die Aufrechterhaltung des Universaldienstes notwendig ist, kann jeder Mitgliedstaat folgende Dienste für den (die) Anbieter von Universaldienstleistungen reservieren: Abholung, Sortieren, Transport und Zustellung von Inlandsbriefsendungen, entweder als beschleunigte Sendungen oder normale Sendungen, mit einem Gewicht von weniger als 350 g und zu einem Preis unter dem Fünffachen des öffentlichen Tarifs für eine Briefsendung der ersten Gewichtsklasse der, soweit vorhanden, schnellsten Kategorie der Standardsendungen. …
(2) Soweit es für die Aufrechterhaltung des Universaldienstes notwendig ist, können die grenzüberschreitende Post und Direktwerbung innerhalb der Preis- und Gewichtsgrenzen des Absatzes 1 weiterhin reserviert werden.
(3) Als weiteren Schritt im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes für Postdiens...