Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame Agrarpolitik. Gemeinschaftliche Beihilferegelungen. Integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem. Verordnung (EG) Nr. 796/2004. Unmöglichmachen der Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle. Begriff. Betriebsinhaber, der nicht auf dem Hof wohnt. Vertreter des Betriebsinhabers
Beteiligte
Tenor
1. Der Ausdruck „die Durchführung einer Vor-Ort-Kontrolle unmöglich macht” in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich dahin auszulegen ist, dass davon neben vorsätzlichem Handeln jedes Tun oder Unterlassen erfasst ist, das auf Fahrlässigkeit des Betriebsinhabers oder seines Vertreters zurückgeführt werden kann und zur Folge hatte, dass die Vor-Ort-Kontrolle nicht vollständig durchgeführt werden konnte, wenn dieser Betriebsinhaber oder sein Vertreter nicht alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden konnten, um sicherzustellen, dass diese Kontrolle vollständig durchgeführt wird.
2. Die Ablehnung der betreffenden Beihilfeanträge im Sinne von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 setzt nicht voraus, dass der Betriebsinhaber oder sein Vertreter von dem Teil der Vor-Ort-Kontrolle, der seine Mitwirkung erfordert, angemessen benachrichtigt wurde.
3. Der Begriff des Vertreters in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der in allen Mitgliedstaaten einheitlich dahin auszulegen ist, dass er bei Vor-Ort-Kontrollen jede volljährige geschäftsfähige Person erfasst, die auf dem Hof wohnt und der zumindest ein Teil der Bewirtschaftung des Hofes anvertraut wurde, sofern der Betriebsinhaber klar seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, sie mit seiner Vertretung zu betrauen, und sich damit verpflichtet hat, für jedes Tun und Unterlassen dieser Person einzustehen.
4. Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 796/2004 ist dahin auszulegen, dass ein Betriebsinhaber, der nicht auf dem Hof wohnt, dessen Inhaber er ist, nicht verpflichtet ist, einen Vertreter zu bestellen, der grundsätzlich jederzeit auf dem Hof erreichbar ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Upravno sodišče Republike Slovenije (Slowenien) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Dezember 2009, in dem Verfahren
Marija Omejc
gegen
Republika Slovenija
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. Šváby sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und J. Malenovský,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Februar 2011,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Frau Omejc, vertreten durch M. Klofutar, odvetnik,
- der slowenischen Regierung, vertreten durch N. Aleš Verdir und V. Klemenc als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart, M. Peternel und D. Kukovec als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (ABl. L 141, S. 18).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Omejc, einer Landwirtin, und der Republik Slowenien, vertreten durch das Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Ernährung, wegen der von diesem ausgesprochenen Zurückweisung des Widerspruchs der Betroffenen gegen die Entscheidung der Agentur der Republik Slowenien für Agrarmärkte und die Entwicklung des ländlichen Raums (im Folgenden: Zahlstelle), mit der ihr Antrag auf Direktzahlung an einen landwirtschaftlichen Betrieb für das Jahr 2006 abgelehnt worden war.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Der erste Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und ...