Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Unionsmarke. Anmeldung der Unionswortmarke ‚tigha’. Widerspruch des Inhabers der älteren Unionsmarke ‚TAIGA’. Teilweise Zurückweisung der Anmeldung. Beurteilung der Verwechslungsgefahr. Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in begrifflicher Hinsicht. Nachweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke. Nachweis der Benutzung ‚für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen’. Bestimmung einer selbständigen Warenuntergruppe
Normenkette
EGV 207/2009 Art. 8 Abs. 1 Buchst. b, Art. 42 Abs. 2
Beteiligte
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die ACTC GmbH trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 14. November 2018,
ACTC GmbH mit Sitz in Erkrath (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. Hoene, S. Gantenbrink und D. Eickemeier,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Gája als Bevollmächtigten,
Beklagter im ersten Rechtszug,
Taiga AB mit Sitz in Varberg (Schweden), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Eckhartt, A. von Mühlendahl, K. Thanbichler-Brandl und C. Fluhme,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter T. von Danwitz und A. Kumin (Berichterstatter),
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 19. Dezember 2019,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die ACTC GmbH die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 13. September 2018, ACTC/EUIPO – Taiga (tigha) (T-94/17, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:539), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 9. Dezember 2016 (Sache R 693/2015-4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Taiga AB und ACTC (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) wurde durch die am 23. März 2016 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) geändert. Die Verordnung Nr. 207/2009 in der durch die Verordnung 2015/2424 geänderten Fassung wurde durch die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) mit Wirkung zum 1. Oktober 2017 aufgehoben und ersetzt. Da für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts der Zeitpunkt der in Rede stehenden Anmeldung, d. h. der 28. Dezember 2012, maßgeblich ist, sind auf den vorliegenden Rechtsstreit jedoch die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009 in ihrer ursprünglichen Fassung anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2019, FTI Touristik/EUIPO, C-99/18 P, EU:C:2019:565, Rn. 2).
Rz. 3
Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:
„(1) Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,
…
b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.”
Rz. 4
Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung sieht vor:
„Hat der Inhaber die [Unionsmarke] für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der [Union] benutzt, oder hat er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die [Unionsmarke] den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.”
Rz. 5
In Art. 42 Abs. 2 der Verordnung heißt es:
„Auf Verlangen des Anmelders hat der Inhaber einer älteren [Unionsmarke], der Widerspruch erhoben hat, den Nachweis zu erbringen, dass er innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung der [Unionsmarke] die ältere [Unionsmarke] in der [Union] für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist und auf die er sich zur Begründung seines Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat, oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen, sofern zu diesem Zeitpunkt die ält...