Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Verkehr. Führerschein. Ausstellung, Gültigkeit und Erneuerung. Körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen von Fahrzeugen. Ärztliche Untersuchungen. Häufigkeit. Dokument, mit dem die psychologische Tauglichkeit von Fahrzeugführern bescheinigt wird

 

Normenkette

Richtlinie 2006/126/EG Art. 7 Abs. 1 und 3

 

Beteiligte

Regionalna direktsia „Avtomobilna administratsia“ Pleven

IL

Regionalna direktsia „Avtomobilna administratsia“ Pleven

 

Tenor

Art. 7 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein

ist dahin auszulegen, dass

er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat Inhabern eines im Einklang mit dieser Richtlinie ausgestellten Führerscheins der Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1 und D1E, deren körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen von Fahrzeugen bei der Ausstellung dieses Führerscheins geprüft wurde und die den Beruf des Fahrers von Kraftfahrzeugen zur Personen- oder Güterbeförderung ausüben möchten, auferlegt, zusätzlich zu ihrem Führerschein im Besitz einer Bescheinigung ihrer psychologischen Tauglichkeit zu sein, deren Gültigkeitsdauer kürzer als die des Führerscheins ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-227/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administrativen sad – Gabrovo (Verwaltungsgericht Gabrovo, Bulgarien) mit Entscheidung vom 22. März 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 31. März 2022, in dem Verfahren

IL

gegen

Regionalna direktsia „Avtomobilna administratsia“ Pleven

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter N. Piçarra, N. Jääskinen (Berichterstatter) und M. Gavalec,

Generalanwalt: P. Pikamäe,

Kanzler: R. Stefanova-Kamisheva, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2023,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        von IL, vertreten durch M. Hristov, Advokat,
  • –        der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Mitova, S. Ruseva und L. Zaharieva als Bevollmächtigte,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Messina, N. Nikolova und N. Yerrell als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Juli 2023

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. 2006, L 403, S. 18).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen IL, einem bulgarischen Staatsangehörigen, und der Regionalna direktsia „Avtomobilna administratsia“ Pleven (Regionaldirektion Kraftfahrzeugverwaltung Pleven, Bulgarien) wegen einer Entscheidung, mit der gegen IL eine verwaltungsrechtliche Sanktion verhängt wurde, da er nicht in der Lage war, bei einer Verkehrskontrolle ein nach nationalem Recht vorgeschriebenes gültiges Zeugnis über die psychologische Tauglichkeit vorzulegen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 8 und 9 der Richtlinie 2006/126 lauten:

„(8)      Aus Gründen der Straßenverkehrssicherheit sollten die Mindestvoraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis festgelegt werden. Die Normen für die von den Fahrern abzulegenden Prüfungen und für die Erteilung der Fahrerlaubnis müssen harmonisiert werden. Zu diesem Zweck sollten die Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs festgelegt werden, die Fahrprüfung sollte auf diesen Konzepten beruhen, und die Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen dieser Fahrzeuge sollten neu festgelegt werden.

(9)      Der Nachweis der Einhaltung der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs durch Fahrer von Fahrzeugen zur Personen- oder Güterbeförderung sollte zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins und danach in regelmäßigen Abständen erbracht werden. Diese regelmäßige Überprüfung der Einhaltung der Mindestanforderungen gemäß den nationalen Vorschriften wird zur Verwirklichung der Freizügigkeit, zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und zur besseren Berücksichtigung der besonderen Verantwortung der Fahrer dieser Fahrzeuge beitragen. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, ärztliche Untersuchungen vorzuschreiben, um die Einhaltung der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit zum Führen anderer Kraftfahrzeuge zu gewährleisten. Aus Gründen der Transparenz sollten diese Untersuchungen mit der Erneuerung des Führerscheins zusammenfallen und sich deshalb nach der Gültigkeitsdauer des Führerscheins richten.“

Rz. 4

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten führen einen nationalen Führerschein gemäß den Bestimmu...

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