Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Überarbeitete Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub. Nationale Regelung, die die Genehmigung von Elternurlaub von der Verkürzung der Arbeitszeit mit entsprechender Verringerung des Arbeitsentgelts abhängig macht. Wechselschichtarbeit. Antrag des Arbeitnehmers auf feste Arbeitszeiten, um seine minderjährigen Kinder betreuen zu können. Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen. Mittelbare Diskriminierung. Teilweise Unzulässigkeit
Normenkette
Richtlinie 2010/18/EU; Richtlinie 2006/54/EG
Beteiligte
José Manuel Ortiz Mesonero |
Tenor
Die Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG ist dahin auszulegen, dass sie auf eine nationale Regelung nicht anwendbar ist, die wie die im Ausgangsverfahren fragliche das Recht eines Arbeitnehmers vorsieht, zum Zweck der Ausübung der unmittelbaren Sorge für Kinder oder Familienangehörige, für die er verantwortlich ist, seine Regelarbeitszeit mit entsprechender Verringerung seines Arbeitsentgelts zu verkürzen, ohne dass er, wenn er normalerweise im Rahmen eines Wechselschichtmodells arbeitet, Anspruch auf feste Arbeitszeiten unter Beibehaltung seiner Regelarbeitszeit hat.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social n° 33 de Madrid (Arbeits- und Sozialgericht Nr. 33 Madrid, Spanien) mit Entscheidung vom 29. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 5. Juni 2018, in dem Verfahren
José Manuel Ortiz Mesonero
gegen
UTE Luz Madrid Centro
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader sowie der Richter A. Rosas und M. Safjan (Berichterstatter),
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der UTE Luz Madrid Centro, vertreten durch M. A. Cruz Pérez, abogado,
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Jiménez García als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Szmytkowska und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 8, 10 und 157 AEUV, von Art. 3 EUV, von Art. 23 und Art. 33 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie von Art. 1 und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. 2006, L 204, S. 23) in Verbindung mit der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG (ABl. 2010, L 68, S. 13).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits, den Herr José Manuel Ortiz Mesonero gegen die UTE Luz Madrid Centro angestrengt hat, weil diese seinen zwecks Kinderbetreuung gestellten Antrag auf feste Arbeitszeiten abgelehnt hatte.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2006/54
Rz. 3
Art. 1 „Gegenstand”) der Richtlinie 2006/54 lautet:
„Ziel der vorliegenden Richtlinie ist es, die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherzustellen.
Zu diesem Zweck enthält sie Bestimmungen zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in Bezug auf
- den Zugang zur Beschäftigung einschließlich des beruflichen Aufstiegs und zur Berufsbildung,
- Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts,
- betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit.
Weiter enthält sie Bestimmungen, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Verwirklichung durch die Schaffung angemessener Verfahren wirksamer gestaltet wird.”
Rz. 4
In Art. 2 „Begriffsbestimmungen”) Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
…
b) ‚mittelbare Diskriminierung’: eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich;
…”
Rz. 5
In Art. 14 „Diskriminierungsverbot”) Abs. 1 dieser Richtlinie heißt es:
„Im öffentlichen und privaten Sektor einschließlich öffentlicher Stellen darf es in Bezug auf folgende Pu...