Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Umwelt. Richtlinien 75/442/EWG und 91/156/EWG. Abfallbegriff. Erd- und Gesteinsaushub, der zur Wiederverwendung bestimmt ist

 

Beteiligte

Kommission / Italien

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Italienische Republik

 

Tenor

1. Die Italienische Republik hat insoweit, als Art. 10 des Gesetzes Nr. 93 vom 23. März 2001 über Umweltvorschriften und Art. 1 Abs. 17 und 19 des Gesetzes Nr. 443 vom 21. Dezember 2001 über die Befugnisübertragung an die Regierung im Bereich Infrastrukturen und Anlagen der strategischen Produktion sowie weitere Maßnahmen zur Wiederankurbelung der Produktionstätigkeiten Erd- und Gesteinsaushub, der dazu bestimmt ist, für Geländeverfüllungen, Auffüllungen, Aufschüttungen oder als Granulat tatsächlich wiederverwendet zu werden – mit Ausnahme des Erd- und Gesteinsaushubs von verunreinigten Standorten oder aus Sanierungen mit einem Verunreinigungsgrad oberhalb der in den geltenden Vorschriften festgelegten Zulässigkeitsgrenzen –, von der nationalen Regelung über Abfälle ausnehmen, gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle in der durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 geänderten Fassung verstoßen.

2. Die Italienische Republik trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 2. Mai 2005,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Konstantinidis als Bevollmächtigten im Beistand von G. Bambara, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Fiengo, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas, der Richter U. Lõhmus, J. N. Cunha Rodrigues und A. Ó Caoimh (Berichterstatter) sowie der Richterin P. Lindh,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2007,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. März 2007

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Italienische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, soweit Art. 10 des Gesetzes Nr. 93 vom 23. März 2001 über Umweltvorschriften (GURI Nr. 79 vom 4. April 2001, im Folgenden: Gesetz Nr. 93/2001) und Art. 1 Abs. 17 und 19 des Gesetzes Nr. 443 vom 21. Dezember 2001 über die Befugnisübertragung an die Regierung im Bereich Infrastrukturen und Anlagen der strategischen Produktion sowie weitere Maßnahmen zur Wiederankurbelung der Produktionstätigkeiten (Supplemento ordinario zu GURI Nr. 299 vom 27. Dezember 2001, im Folgenden: Gesetz Nr. 443/2001) Erd- und Gesteinsaushub, der dazu bestimmt ist, für Geländeverfüllungen, Auffüllungen, Aufschüttungen oder als Granulat tatsächlich wiederverwendet zu werden – mit Ausnahme von Material von verunreinigten Standorten oder aus Sanierungen mit einem Verunreinigungsgrad oberhalb der in den geltenden Vorschriften festgelegten Zulässigkeitsgrenzen –, von der nationalen Regelung über Abfälle ausnehmen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2 Nach Art. 1 Buchst. a und c der Richtlinie bedeutet im Sinne der Richtlinie:

„a) ‚Abfall’: alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.

Die Kommission erstellt nach dem Verfahren des Artikels 18 spätestens zum 1. April 1993 ein Verzeichnis der unter die Abfallgruppen in Anhang I fallenden Abfälle. Dieses Verzeichnis wird regelmäßig überprüft und erforderlichenfalls nach demselben Verfahren überarbeitet;

c) ‚Besitzer’: der Erzeuger der Abfälle oder die natürliche oder juristische Person, in deren Besitz sich die Abfälle befinden”.

3 In Art. 1 Buchst. e und f der Richtlinie sind die Begriffe „Beseitigung” und „Verwertung” jeweils definiert als alle in Anhang II A bzw. Anhang II B der Richtlinie aufgeführten Verfahren.

4 Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Diese Richtlinie gilt nicht für:

b) folgende Abfälle, soweit für diese bereits andere Rechtsvorschriften gelten:

ii) Abfälle, die beim Aufsuchen, Gewinnen, Aufbereiten und Lagern von Bodenschätzen sowie beim Betrieb von Steinbrüchen entstehen;

(2) Zur Regelung der Bewirtschaftung bestimmter Abfallgruppen können in Einzelrichtlinien besondere oder ergänzende Vorschriften erlassen werden.”

5 Am 20. Dezember 1993 erließ die Kommission die Entscheidung 94/3/EG über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 75/442...

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