Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterrichtung der Arbeitnehmer. Richtlinie 91/533/EWG. Art. 8 Abs. 1 und 2. Geltungsbereich. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis einer tarifvertraglichen Regelung ‚unterliegt’. Begriff des ‚befristeten’ Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses

 

Beteiligte

Ruben Andersen

Ruben Andersen

Kommunernes Landsforening als Bevollmächtigte der Gemeinde Slagelse (ehemals Gemeinde Skælskør)

 

Tenor

1. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der ein Tarifvertrag, der die Umsetzung dieser Richtlinie in das nationale Recht sicherstellt, auf einen Arbeitnehmer anwendbar ist, obwohl dieser keiner an dem betreffenden Tarifvertrag beteiligten Gewerkschaft angehört.

2. Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/533 ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, bei einem Arbeitnehmer, der nicht Mitglied einer Gewerkschaft ist, die einen sein Arbeitsverhältnis regelnden Tarifvertrag geschlossen hat, anzunehmen, dass sein Arbeitsverhältnis diesem Tarifvertrag im Sinne der genannten Bestimmung „unterliegt”.

3. Der Begriff „befristete[r/s] Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis” im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/533 ist dahin auszulegen, dass er sich auf Arbeitsverträge und -verhältnisse mit einer kurzen Laufzeit bezieht. Enthalten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats insoweit keine Bestimmung, ist es Sache des nationalen Gerichts, diese Laufzeit für jeden Einzelfall und nach Maßgabe der Besonderheiten bestimmter Branchen oder bestimmter Berufe und Tätigkeiten zu bestimmen. Die betreffende Laufzeit muss jedoch so festgelegt werden, dass sie den wirksamen Schutz der Rechte, den die Arbeitnehmer nach dieser Richtlinie genießen, gewährleistet.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Højesteret (Dänemark) mit Entscheidung vom 29. Juni 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 3. Juli 2007, in dem Verfahren

Ruben Andersen

gegen

Kommunernes Landsforening als Bevollmächtigte der Gemeinde Slagelse (ehemals Gemeinde Skælskør)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter M. ilešič, A. Borg Barthet, E. Levits und J.-J. Kasel (Berichterstatter),

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Andersen, vertreten durch H. Nielsen und P. Olsen, advokater,
  • der Kommunernes Landsforening als Bevollmächtigte der Gemeinde Slagelse (ehemals Gemeinde Skælskør), vertreten durch J. Mosbek und J. Vinding, advokater,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Bering Liisberg als Bevollmächtigten,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Enegren und S. Schønberg als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Juni 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 91/533/EWG des Rates vom 14. Oktober 1991 über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (ABl. L 288, S. 32).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Andersen und der Kommunernes Landsforening (nationale Vereinigung der dänischen Kommunen) in ihrer Eigenschaft als Bevollmächtigte der Gemeinde Slagelse (ehemals Gemeinde Skælskør) (Dänemark), der ehemaligen Arbeitgeberin von Herrn Andersen, über die Frage, ob ein Tarifvertrag zur Regelung der Beschäftigungsbedingungen in den dänischen Gemeindeverwaltungen auf Herrn Andersen anwendbar ist.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 91/533 heißt es:

„[E]inige Mitgliedstaaten [haben sich] veranlasst gesehen, Maßnahmen vorzusehen, um die Arbeitsverhältnisse bestimmten Formerfordernissen zu unterziehen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Arbeitnehmer besser vor etwaiger Unkenntnis ihrer Rechte zu schützen und den Arbeitsmarkt transparenter zu gestalten.”

Rz. 4

Der siebte Erwägungsgrund dieser Richtlinie lautet:

„Auf Gemeinschaftsebene muss allgemein zur Pflicht gemacht werden, dass jeder Arbeitnehmer über ein Schriftstück mit Angaben über die wesentlichen Bedingungen seines Arbeitsvertrags oder Arbeitsverhältnisses verfügt.”

Rz. 5

Die Erwägungsgründe 11, 12 und 13 der genannten Richtlinie lauten:

„Um das Interesse der A...

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