Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Mindestnormen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus. Person mit Anspruch auf subsidiären Schut. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland. Günstigere Normen. An einer schweren Krankheit leidender Antragsteller. Nichtverfügbarkeit einer angemessenen Behandlung im Herkunftsland. Sozialer Schutz. Medizinische Versorgung

 

Normenkette

Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 19 Abs. 2; Richtlinie 2004/83/EG Art. 15 Buchst. b, Art. 3, 28-29

 

Beteiligte

M'Bodj

Mohamed M'Bodj

Belgischer Staat

 

Tenor

Die Art. 28 und 29 in Verbindung mit Art. 2 Buchst. e sowie den Art. 3, 15 und 18 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes sind dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet ist, die Sozialhilfeleistungen und die medizinische Versorgung, die diese Artikel vorsehen, einem Drittstaatsangehörigen zu gewähren, dem der Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gemäß einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erlaubt wurde, in der vorgesehen ist, dass der Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat einem Ausländer erlaubt wird, der an einer Krankheit leidet, die eine tatsächliche Gefahr für sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit oder eine tatsächliche Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung darstellt, wenn in seinem Herkunftsland oder dem Land, in dem er sich zuvor aufgehalten hat, keine angemessene Behandlung vorhanden ist, ohne dass diesem Ausländer die Versorgung in diesem Land absichtlich verweigert würde.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verfassungsgerichtshof (Belgien) mit Entscheidung vom 26. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Oktober 2013, in dem Verfahren

Mohamed M'Bodj

gegen

Belgischer Staat

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten M. Ilešič, L. Bay Larsen (Berichterstatter), T. von Danwitz und J.-C. Bonichot, der Kammerpräsidentin K. Jürimäe, der Richter A. Rosas, E. Juhász und A. Arabadjiev, der Richterin C. Toader, der Richter M. Safjan und D. Šváby sowie der Richterinnen M. Berger und A. Prechal,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn M'Bodj, vertreten durch S. Benkhelifa, avocate,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch C. Pochet und T. Materne als Bevollmächtigte im Beistand von J.-J. Masquelin, D. Matray, J. Matray, C. Piront und N. Schynts, avocats,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und B. Beutler als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch M. Michelogiannaki als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch F.-X. Bréchot und D. Colas als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. Banner, Barrister,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Condou-Durande und R. Troosters als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Juli 2014

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 2 Buchst. e und f, der Art. 15 und 18, des Art. 20 Abs. 3 sowie der Art. 28 und 29 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304, S. 12, und – Berichtigung – ABl. 2005, L 204, S. 24).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn M'Bodj, einem mauretanischen Staatsangehörigen, und dem belgischen Staat wegen der Ablehnung seines Antrags auf Beihilfe zur Ersetzung des Einkommens und auf Eingliederungsbeihilfe durch den Föderalen Öffentlichen Dienst Soziale Sicherheit.

Rechtlicher Rahmen

Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Rz. 3

Art. 3 („Verbot der Folter”) der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) sieht vor:

„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.”

Unionsrecht

Rz. 4

Die Erwägungsgründe 5, 6, 9, 10, 24 und 26 der Richtlinie 2004/83 lauten:

„(5) In den Schlussfolgerungen von Tampere ist ferner festgehalten, dass die Vorschriften über die Flüchtlingseigenschaft durch Maßnahme...

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