Entscheidungsstichwort (Thema)
Marken. Zustimmung des Inhabers einer Marke zur Benutzung eines mit dieser identischen Zeichens durch einen Dritten. Im Rahmen einer geteilten Verwertung erteilte Zustimmung. Möglichkeit des Inhabers, die geteilte Verwertung zu beenden und die ausschließliche Benutzung seiner Marke wieder aufzunehmen
Normenkette
Richtlinie 89/104/EWG Art. 5
Beteiligte
Martin Y Paz Diffusion SA |
Tenor
Art. 5 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 geänderten Fassung steht dem entgegen, dass einem Markeninhaber, der im Rahmen einer geteilten Verwertung mit einem Dritten der Benutzung von mit seinen Marken identischen Zeichen durch diesen Dritten für bestimmte Waren der Klassen, für die diese Marken eingetragen sind, zugestimmt hatte und nun nicht mehr zustimmt, jegliche Möglichkeit genommen wird, diesem Dritten sein ausschließliches Recht aus diesen Marken entgegenzuhalten und es für Waren, die mit denen des Dritten identisch sind, selbst auszuüben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour de cassation (Belgien) mit Entscheidung vom 2. Dezember 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Dezember 2011, in dem Verfahren
Martin Y Paz Diffusion SA
gegen
David Depuydt,
Fabriek van Maroquinerie Gauquie NV,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter E. Jarašiūnas, A. Ó Caoimh und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Martin Y Paz Diffusion SA, vertreten durch R. Byl, avocat,
- von Herrn Depuydt und der Fabriek van Maroquinerie Gauquie NV, vertreten durch P. Maeyaert und S. Lens, avocats,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. W. Bulst, T. van Rijn und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. April 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 und 8 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/104).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Martin Y Paz Diffusion SA (im Folgenden: Martin Y Paz), einer Gesellschaft belgischen Rechts, einerseits sowie Herrn Depuydt und der Fabriek van Maroquinerie Gauquie NV (im Folgenden: Fabriek van Maroquinerie Gauquie), ebenfalls einer Gesellschaft belgischen Rechts, andererseits, wegen der Benutzung von Marken, deren Inhaberin Martin Y Paz ist.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Gemäß dem sechsten Erwägungsgrund der Richtlinie 89/104 „schließt [diese] nicht aus, dass auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden”.
Rz. 4
Art. 5 der Richtlinie 89/104 („Rechte aus der Marke”) bestimmte:
„(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
- ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;
…”
Rz. 5
Art. 6 der Richtlinie („Beschränkung der Wirkungen der Marke”) lautete:
„(1) Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten,
- seinen Namen oder seine Anschrift,
- Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder über andere Merkmale der Ware oder Dienstleistung,
- die Marke, falls dies notwendig ist, als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung,
im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.
(2) Ist in einem Mitgliedstaat nach dessen Rechtsvorschriften ein älteres Recht von örtlicher Bedeutung anerkannt, so gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten die Benutzung dieses Rechts im geschäftlichen Verkehr in dem Gebiet, in dem es anerkannt i...