Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronischer Geschäftsverkehr. Dienste der Informationsgesellschaft. Koordinierter Bereich. Onlinewerbung und Onlineverkauf kosmetischer Mittel. Ausschluss der Kennzeichnungspflichten, die auf von einem Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft beworbene und verkaufte Waren Anwendung finden, vom koordinierten Bereich. Befugnis des Bestimmungsmitgliedstaats, die Verwendung einer Sprache seiner Wahl vorzuschreiben
Normenkette
Richtlinie 2000/31/EG Art. 2 Buchst. h; RL 75/324/EWG Art. 8 Abs. 2; Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 Art. 19 Abs. 5
Beteiligte
Tenor
Art. 2 Buchst. h der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“)
ist dahin auszulegen, dass
der Begriff „koordinierter Bereich“ nicht die Anforderungen an die Kennzeichnung von über die Website eines Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft beworbenen und verkauften Waren umfasst, die von dem Mitgliedstaat, in dem sich die durch diese Online-Vermarktungsmaßnahmen angesprochenen Verbraucher befinden, vorgeschrieben werden.
Tatbestand
In der Rechtssache C-88/23
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Svea Hovrätt, Patent- och marknadsöverdomstolen (Berufungsgericht für Svealand, Patent- und Marktobergericht, Schweden) mit Entscheidung vom 13. Februar 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Februar 2023, in dem Verfahren
Parfümerie Akzente GmbH
gegen
KTF Organisation AB
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter N. Piçarra, N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2024,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Parfümerie Akzente GmbH, vertreten durch P. Järvengren Gerner und T. Kronhöffer, Advokater,
- – der KTF Organisation AB, vertreten durch S. Brandt, Advokat,
- – der schwedischen Regierung, vertreten durch F.-L. Göransson und H. Shev als Bevollmächtigte,
- – der französischen Regierung, vertreten durch B. Fodda und M. Guiresse als Bevollmächtigte,
- – der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri und M. F. Severi als Bevollmächtigte,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch P.-J. Loewenthal, U. Małecka, N. Ruiz García und A. Sävje als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Juni 2024
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. h Ziff. ii sowie Art. 3 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. 2000, L 178, S. 1), von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 75/324/EWG des Rates vom 20. Mai 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Aerosolpackungen (ABl. 1975, L 147, S. 40) in der durch die Richtlinie (EU) 2016/2037 der Kommission vom 21. November 2016 (ABl. 2016, L 314, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 75/324) sowie von Art. 19 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. 2009, L 342, S. 59).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der KTF Organisation AB (im Folgenden: KTF) und der Parfümerie Akzente GmbH, in dem es u. a. darum geht, Letzterer die Vermarktung nicht in schwedischer Sprache gekennzeichneter kosmetischer Mittel in Schweden zu verbieten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2000/31
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 11, 21 und 24 der Richtlinie 2000/31 heißt es:
„(11) Diese Richtlinie lässt das durch Gemeinschaftsrechtsakte eingeführte Schutzniveau, insbesondere für öffentliche Gesundheit und den Verbraucherschutz, unberührt. Unter anderem bilden die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen [(ABl. 1993, L 95, S. 29)] und die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz [(ABl. 1997, L 144, S. 19)] wichtige Errungenschaften für den Verbraucherschutz im Bereich des Vertragsrechts. Jene Richtlinien gelten voll und ganz auch für die Dienste der Informationsgesellschaft. Zum Rechtsstand auf Gemeinschaftseben...