Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Nichtigkeitsklage. Recht zur Erhebung einer Klage. Klagebefugnis. Natürliche oder juristische Personen. Handlung, die sie individuell betrifft. Rechtsakt mit Verordnungscharakter, der keine Durchführungsmaßnahmen nach sich zieht. Entscheidung, mit der eine Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird. Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz
Normenkette
AEUV Art. 263 Abs. 4
Beteiligte
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Telefónica SA trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 1. Juni 2012,
Telefónica SA mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: J. Ruiz Calzado und J. Domínguez Pérez, abogados, sowie Rechtsanwalt M. Núñez Müller,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch P. Nemecková und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten T. von Danwitz, E. Juhász und A. Borg Barthet, der Richter G. Arestis, E. Levits, A. Arabadjiev, der Richterin A. Prechal sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. Vajda (Berichterstatter),
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2013,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. März 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Telefónica SA (im Folgenden: Telefónica) die Nichtigerklärung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 21. März 2012, Telefónica/Kommission (T-228/10, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 der Entscheidung 2011/5/EG der Kommission vom 28. Oktober 2009 über die steuerliche Abschreibung des finanziellen Geschäfts- oder Firmenwerts bei Erwerb von Beteiligungen an ausländischen Unternehmen C 45/07 (ex NN 51/07, ex CP 9/07) in Spanien (ABl. 2011, L 7, S. 48, im Folgenden: streitige Entscheidung) als unzulässig abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Art. 12 Abs. 5 der Ley 43/1995 del Impuesto sobre Sociedades (Gesetz Nr. 43/1995 über die Körperschaftsteuer) vom 27. Dezember 1995 (BOE Nr. 310 vom 28. Dezember 1995, S. 37072) sah vor, dass unter bestimmten Bedingungen beim Erwerb einer Beteiligung an einem nicht in Spanien ansässigen Unternehmen ein sogenannter Geschäfts- oder Firmenwert gebildet und in dem anschließenden Zeitraum von bis zu 20 Jahren abgeschrieben werden kann, wodurch sich die steuerliche Belastung des Käufers verringerte (im Folgenden: fragliche Regelung).
Rz. 3
Da die Europäische Kommission diese Regelung, die beim Erwerb einer Beteiligung an in Spanien ansässigen Unternehmen nicht anwendbar war, als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG einstufte, eröffnete sie mit Beschluss vom 10. Oktober 2007 das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG und forderte das Königreich Spanien und etwaige durch diese Regelung Begünstigte zur Stellungnahme auf.
Rz. 4
Am Ende des Verfahrens erließ die Kommission die streitige Entscheidung.
Rz. 5
In Art. 1 Abs. 1 der streitigen Entscheidung wird festgestellt, dass die fragliche Regelung unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG angewendet worden und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei.
Rz. 6
Die Kommission räumte allerdings ein, dass sie vor Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens und auf die Erklärungen hin, die zwei Mitglieder der Kommission vor dem Europäischen Parlament abgegeben hatten, konkrete, unbedingte und übereinstimmende Zusicherungen gemacht habe, die bei den Begünstigten der genannten Regelung begründete Erwartungen hätten wecken können, dass diese Regelung in dem Sinne rechtmäßig sei, dass sie aufgrund ihrer fehlenden Selektivität nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften über staatliche Beihilfen falle. Demzufolge hätten die Begünstigten davon ausgehen können, dass die Beihilfe nicht zurückgefordert würde. Die Kommission beschloss daher, es unter bestimmten Voraussetzungen bei den Vergünstigungen zu belassen, die vor dem 21. Dezember 2007 – dem Zeitpunkt der Bekanntmachung der Entscheidung der Kommission über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Amtsblatt der Europäischen Union – gewährt worden waren.
Rz. 7
Deshalb heißt es in Art. 1 Abs. 2 der streitigen Entscheidung, dass die fragliche Regelung unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes auf vor dem genannten Zeitpunkt eingegangene Beteiligungen weiter geltend gemacht werden könne.
Rz. 8
Das Königreich Spanien hat gemäß Art. 4 Abs. 1 der streit...