Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken, die eine mattierte weiße Flasche und eine mattierte mattschwarze Flasche darstellen. Zurückweisung der Anmeldung. Fehlende Unterscheidungskraft
Beteiligte
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) |
Tenor
1. Die Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 27. April 2010, Freixenet/HABM (mattierte weiße Flasche) (T-109/08) und Freixenet/HABM (mattierte mattschwarze Flasche) (T-110/08), werden aufgehoben.
2. Die Entscheidungen der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 30. Oktober 2007 (Sache R 97/2001-1) und vom 20. November 2007 (Sache R 104/2001-1) werden aufgehoben.
3. Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) trägt die Kosten der Verfahren im ersten Rechtszug und der Rechtsmittelverfahren.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 7. Juli 2010,
Freixenet SA mit Sitz in Sant Sadurní d'Anoia (Spanien), Prozessbevollmächtigte: F. de Visscher, E. Cornu und D. Moreau, avocats,
Rechtsmittelführerin,
anderer Verfahrensbeteiligter:
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,
Beklagter im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter G. Arestis (Berichterstatter) und T. von Danwitz,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihren Rechtsmitteln beantragt die Freixenet SA (im Folgenden: Freixenet) die Aufhebung der Urteile des Gerichts der Europäischen Union vom 27. April 2010, Freixenet/HABM (mattierte weiße Flasche) (T-109/08) und Freixenet/HABM (mattierte mattschwarze Flasche) (T-110/08) (im Folgenden zusammen: angefochtene Urteile), mit denen das Gericht ihre Klagen gegen die Entscheidungen der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 30. Oktober 2007 (Sache R 97/2001-1) und vom 20. November 2007 (Sache R 104/2001-1) über die Anmeldung von Zeichen, die eine mattierte weiße Flasche und eine mattierte mattschwarze Flasche darstellen, als Gemeinschaftsmarken (im Folgenden: streitige Entscheidungen) abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) aufgehoben, die am 13. April 2009 in Kraft trat. Wegen des Zeitraums, in den der Sachverhalt fällt, gilt für die vorliegenden Rechtsstreitigkeiten jedoch weiterhin die Verordnung Nr. 40/94.
Rz. 3
Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.
Rz. 4
Nach Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung steht das in Abs. 1 Buchst. b dieses Artikels vorgesehene absolute Eintragungshindernis der Eintragung einer Marke nicht entgegen, wenn die Marke für die Waren, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.
Rz. 5
Nach Art. 38 Abs. 3 kann die Anmeldung nur zurückgewiesen werden, wenn dem Anmelder zuvor Gelegenheit gegeben worden ist, die Anmeldung zurückzunehmen, zu ändern oder eine Stellungnahme einzureichen.
Rz. 6
Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt:
„Die Entscheidungen des [HABM] sind mit Gründen zu versehen. Sie dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.”
Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten
Rz. 7
Am 1. April 1996 meldete Freixenet beim HABM zwei Gemeinschaftsmarken an, bei denen es sich um die streitigen Darstellungen handelt. In den Anmeldungen gab Freixenet an, dass die angemeldeten Marken in die Kategorie „andere” fielen und aus der Gestaltungsform einer Ware bestünden. In der Anmeldung, die dem Urteil T-109/08 zugrunde lag, beanspruchte Freixenet die Farbe „mattgold” und beschrieb die Marke als eine „mattierte weiße Flasche, die, wenn sie mit Wein gefüllt ist, ein mattgoldenes Aussehen annimmt, als sei sie mit Raureif überzogen”. In der Anmeldung, die dem Urteil T-110/08 zugrunde lag, beanspruchte Freixenet die Farbe „mattschwarz” und beschrieb die Marke als eine „mattierte mattschwarze Flasche”. Den Anmeldungen war ferner eine Erklärung von Freixenet beigefügt, nach der „die Marke nicht auf die Erlangung eines privaten und ausschließlichen Schutzes für die Form der Flasche [ziele], sondern fü...