Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Dienstleistungsverkehr. Begriffsbestimmungen. Begriff ‚audiovisueller Mediendienst’. Geltungsbereich. Werbevideokanal für Modelle neuer Personenkraftwagen auf YouTube
Normenkette
Richtlinie 2010/13/EU
Beteiligte
Deutsche Umwelthilfe e. V |
Tenor
Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) ist dahin auszulegen, dass die Definition des Begriffs „audiovisueller Mediendienst” weder einen Videokanal wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, auf dem die Internetnutzer kurze Werbevideos für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, noch eines dieser Videos für sich genommen erfasst.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 14. März 2017, in dem Verfahren
Peugeot Deutschland GmbH
gegen
Deutsche Umwelthilfe e. V.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Vajda (Berichterstatter) sowie der Richter E. Juhász und C. Lycourgos,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Peugeot Deutschland GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte L. Pechan und H. Prange,
- des Deutsche Umwelthilfe e. V., vertreten durch Rechtsanwältin J. Schütt,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. 2010, L 95, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Peugeot Deutschland GmbHunddem Deutsche Umwelthilfe e. V. über die Veröffentlichung eines kurzen Videos durch Peugeot Deutschland auf ihrem YouTube-Videokanal, das ein Modell eines neuen Personenkraftwagens betrifft und keine Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und zu den offiziellen CO2-Emissionen dieses Modells enthält.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Im 22. Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/13 heißt es:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie sollte der Begriff der audiovisuellen Mediendienste die Massenmedien in ihrer informierenden, unterhaltenden und die breite Öffentlichkeit bildenden Funktion erfassen, einschließlich der audiovisuellen kommerziellen Kommunikation, aber alle Formen privater Korrespondenz, z. B. an eine begrenzte Anzahl von Empfängern versandte elektronische Post, ausschließen. Die Begriffsbestimmung sollte alle Dienste ausschließen, deren Hauptzweck nicht die Bereitstellung von Programmen ist, d. h. bei denen audiovisuelle Inhalte lediglich eine Nebenerscheinung darstellen und nicht Hauptzweck der Dienste sind. …”
Rz. 4
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
a) ‚audiovisueller Mediendienst’
i) eine Dienstleistung im Sinne der Artikel 56 und 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, für die ein Mediendiensteanbieter die redaktionelle Verantwortung trägt und deren Hauptzweck die Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der allgemeinen Öffentlichkeit über elektronische Kommunikationsnetze im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/21/EG ist. Bei diesen audiovisuellen Mediendiensten handelt es sich entweder um Fernsehprogramme gemäß der Definition unter Buchstabe e des vorliegenden Absatzes oder um audiovisuelle Mediendienste auf Abruf gemäß der Definition unter Buchstabe g des vorliegenden Absatzes,
ii) die audiovisuelle kommerzielle Kommunikation;
b) ‚Sendung’ eine Abfolge von bewegten Bildern mit oder ohne Ton, die Einzelbestandteil eines von einem Mediendiensteanbieter erstellten Sendeplans oder Katalogs ist und deren Form und Inhalt mit der Form und dem Inhalt von Fernsehprogrammen vergleichbar sind. Beispiele für Sendungen sind unter anderem Spielfilme, Sportberichte, Fernsehkomödien, Dokumentarfilme, Kindersendungen und Originalfernsehspiele;
…
e) ‚Fernsehprogramm’ (d. h. ein linearer audiovisueller Mediendienst) einen audiovisuellen Mediendienst, der von einem Mediendiensteanbieter für den zeitgleichen Empfang von Sendungen auf der Grundlage eines Sendeplans bereitgestellt wird;
…
g) ‚audiovisueller Mediendienst auf Abruf’ (d....