Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen. Begriff der unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist. Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Vervielfältigungsrecht. Ausnahmen und Beschränkungen. Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. Gerechter Ausgleich. Nichtzahlung. Mögliche Einbeziehung in den Anwendungsbereich von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001
Normenkette
EGV 44/2001 Art. 5 Nr. 3; Richtlinie 2001/29/EG Art. 5 Abs. 2 Buchst. b
Beteiligte
Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte GmbH |
Amazon Services Europe Sàrl |
Tenor
Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass bei einer Klage auf Zahlung einer Vergütung, die nach einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zur Umsetzung der in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vorgesehenen Regelung des „gerechten Ausgleichs” geschuldet wird, eine „unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder … Ansprüche aus einer solchen Handlung” im Sinne von Art. 5 Nr. 3 dieser Verordnung den Gegenstand des Verfahrens bilden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 18. November 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Dezember 2014, in dem Verfahren
Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte GmbH
gegen
Amazon EU Sàrl,
Amazon Services Europe Sàrl,
Amazon.de GmbH,
Amazon Logistik GmbH,
Amazon Media Sàrl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter A. Arabadjiev, C. G. Fernlund, S. Rodin und E. Regan,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte A. Feitsch und M. Walter,
- der Amazon EU Sàrl, der Amazon Services Europe Sàrl, der Amazon.de GmbH, der Amazon Logistik GmbH und der Amazon Media Sàrl, vertreten durch Rechtsanwälte U. Börger und M. Kianfar,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch D. Segoin und D. Colas als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,
- der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Februar 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) und von Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. 2001, L 167, S. 10).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Austro-Mechana Gesellschaft zur Wahrnehmung mechanisch-musikalischer Urheberrechte GmbH (im Folgenden: Austro-Mechana) und der Amazon EU Sàrl, der Amazon Services Europe Sàrl, der Amazon.de GmbH, der Amazon Logistik GmbH und der Amazon Media Sàrl (im Folgenden zusammen: Amazon) über die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte für die Entscheidung über eine Klage auf Zahlung der Vergütung, die nach österreichischem Recht für das Inverkehrbringen von Trägermaterial geschuldet wird.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 44/2001
Rz. 3
Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, der zu deren Kapitel II Abschnitt 1 („Allgemeine Vorschriften”) gehört, bestimmt:
„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklag...