Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Marken. Weitere Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe. Wortmarke. Buchstabenfolge, die mit einer älteren Marke übereinstimmt. Hinzufügung einer beschreibende Wortkombination. Vorliegen einer Verwechslungsgefahr

 

Normenkette

Richtlinie 2008/95/EG

 

Beteiligte

BGW

BGW Beratungs-Gesellschaft Wirtschaft mbH

Bodo Scholz

 

Tenor

Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass bei identischen oder ähnlichen Waren und Dienstleistungen für die maßgeblichen Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr zwischen einer älteren Marke – die aus einer unterscheidungskräftigen, diese durchschnittlich kennzeichnungskräftige Marke prägenden Buchstabenfolge besteht – und einer jüngeren Marke – in die diese Buchstabenfolge unter Hinzufügung einer beschreibenden Wortkombination übernommen ist, die sich aus Wörtern zusammensetzt, deren Anfangsbuchstaben den Buchstaben der genannten Buchstabenfolge entsprechen, so dass diese von diesen Verkehrskreisen als Akronym dieser Wortkombination wahrgenommen wird – bestehen kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundespatentgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 25. April 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Januar 2014, in dem Verfahren

BGW Beratungs-Gesellschaft Wirtschaft mbH, vormals BGW Marketing- & Management-Service GmbH,

gegen

Bodo Scholz

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richter F. Biltgen, A. Borg Barthet (Berichterstatter) und E. Levits sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und F. W. Bulst als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. März 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299, S. 25).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der BGW Beratungs-Gesellschaft Wirtschaft mbH, vormals BGW Marketings- & Management-Service GmbH, (im Folgenden: BGW) und Herrn Scholz wegen der Wortmarke BGW Bundesverband der deutschen Gesundheitswirtschaft.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 3 („Eintragungshindernisse – Ungültigkeitsgründe”) Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 2008/95 bestimmt:

„(1) Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

b) Marken, die keine Unterscheidungskraft haben;

c) Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können;

…”

Rz. 4

Art. 4 („Weitere Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe bei Kollision mit älteren Rechten”) Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie sieht vor:

„(1) Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

b) wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.”

Deutsches Recht

Rz. 5

In § 9 Abs. 1 des Markengesetzes vom 25. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3082; 1995 I S. 156; 1996 I S. 682) heißt es:

„Die Eintragung einer Marke kann gelöscht werden,

2. wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden …”

Sachverhalt des Ausgangsverfahrens und Vorlagefrage

Rz. 6

Am 11. Dezember 2006 wurde die Wortmarke BGW Bundesverband der deutschen Gesundheitswirtschaft (im Folgenden: jüngere Marke) u. a. für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 41 und 43 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstl...

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