Entscheidungsstichwort (Thema)
Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit. Beitragsbezogene Altersrente. Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer. Mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
Normenkette
AEUV Art. 157; Richtlinie 79/7/EWG; Richtlinie 97/81/EG; Richtlinie 2006/54/EG
Beteiligte
Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS) |
Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS) |
Tenor
Art. 4 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Teilzeitbeschäftigte, bei denen es sich überwiegend um Frauen handelt, gegenüber Vollzeitbeschäftigten proportional längere Beitragszeiten zurücklegen müssen, um gegebenenfalls einen Anspruch auf eine beitragsbezogene Altersrente zu haben, deren Höhe proportional zu ihrer Arbeitszeit herabgesetzt ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Social de Barcelona (Spanien) mit Entscheidung vom 4. Juli 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juli 2011, in dem Verfahren
Isabel Elbal Moreno
gegen
Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS),
Tesorería General de la Seguridad Social (TGSS)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Richterin C. Toader in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Achten Kammer, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Instituto Nacional de la Seguridad Social (INSS), vertreten durch F. de Miguel Pajuelo als Bevollmächtigten im Beistand von A. Álvarez Moreno und J. Ignacio del Valle de Joz, abogados,
- der spanischen Regierung, vertreten durch S. Centeno Huerta und S. Martínez-Lage Sobredo als Bevollmächtigte,
- der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und M. Jacobs als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Valero Jordana und M. van Beek als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9, mit Berichtigung im ABl. 1998, L 128, S. 71) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 (ABl. L 131, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenvereinbarung), von Art. 157 AEUV und Art. 4 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204, S. 23) sowie von Art. 4 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. L 6, S. 24).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Elbal Moreno auf der einen und dem Instituto Nacional de la Seguridad Social (Staatliche Sozialversicherungsanstalt) (INSS) sowie der Tesorería General de la Seguridad Social (Allgemeine Finanzverwaltungsbehörde der Sozialversicherung) (TGSS) auf der anderen Seite wegen des Erhalts einer Altersrente.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 79/7 bestimmt:
„Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung im Sinne von Artikel 3 der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit – im folgenden ‚Grundsatz der Gleichbehandlung’ genannt – schrittweise verwirklicht wird.”
Rz. 4
In Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 79/7 heißt es:
„(1) Diese Richtlinie findet Anwendung
auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen folgende Risiken bieten:
…
…”
Rz. 5
Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7 lautet:
„Der Grundsatz der Gleichbehandlung beinhaltet den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, und zwar im Besonderen betreffend:
- den Anwendungsbereich der Systeme und die Bedingungen für den Zugang zu den Systemen,
- die Beitragspflicht und die Berechnung der Beiträge,
- die Berechnung der Leistungen, einschließlich der Zuschläge für den Ehegatten und für unte...