Entscheidungsstichwort (Thema)
Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Begriff ‚technische Maßnahmen’. Schutzvorrichtung. Gerät und geschützte ergänzende Erzeugnisse. Von anderen Unternehmen stammende ergänzende ähnliche Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile. Ausschluss jeder Interoperabilität zwischen ihnen. Tragweite dieser technischen Maßnahmen. Relevanz
Normenkette
Richtlinie 2001/29/EG
Beteiligte
Tenor
Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass der Begriff „wirksame technische Maßnahme” im Sinne des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie auch technische Maßnahmen umfassen kann, die hauptsächlich darin bestehen, nicht nur den Träger, der das geschützte Werk, wie das Videospiel, enthält, mit einer Erkennungsvorrichtung zu versehen, um das Werk gegen Handlungen zu schützen, die vom Inhaber des Urheberrechts nicht genehmigt worden sind, sondern auch die tragbaren Geräte oder die Konsolen, die den Zugang zu diesen Spielen und deren Benutzung sicherstellen sollen.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob andere Vorkehrungen oder nicht in die Konsolen eingebaute Vorkehrungen zu geringeren Beeinträchtigungen oder Beschränkungen der Handlungen Dritter führen könnten, dabei aber einen vergleichbaren Schutz für die Rechte des Betroffenen bieten könnten. Dazu sollten insbesondere die Kosten für die verschiedenen Arten technischer Maßnahmen, die technischen und praktischen Aspekte ihrer Durchführung und ein Vergleich der Wirksamkeit dieser verschiedenen Arten technischer Maßnahmen in Bezug auf den Schutz der Rechte des Betroffenen berücksichtigt werden, wobei diese Wirksamkeit jedoch nicht absolut sein muss. Außerdem wird das nationale Gericht den Zweck der Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile, die zur Umgehung der genannten technischen Maßnahmen geeignet sind, zu prüfen haben. Dabei wird es je nach den gegebenen Umständen besonders auf den Nachweis ankommen, in welcher Weise Dritte diese Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile tatsächlich verwenden. Das nationale Gericht kann u. a prüfen, wie oft diese Vorrichtungen, Erzeugnisse oder Bestandteile unter Verletzung des Urheberrechts tatsächlich verwendet werden und wie oft sie zu Zwecken verwendet werden, die dieses Recht nicht verletzen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale di Milano (Italien) mit Entscheidung vom 22. Dezember 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Juli 2012, in dem Verfahren
Nintendo Co. Ltd,
Nintendo of America Inc.,
Nintendo of Europe GmbH
gegen
PC Box Srl,
9Net Srl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und J. Malenovský sowie der Richterin A. Prechal,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Mai 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Nintendo Co. Ltd, der Nintendo of America Inc. und der Nintendo of Europe GmbH, vertreten durch M. Howe, QC, L. Lane, Barrister, R. Black, C. Thomas und D. Nickless, Solicitors, sowie G. Mondini und G. Bonelli, avvocati,
- der PC Box Srl, vertreten durch S. Guerra, C. Benelli und S. Fattorini, avvocati,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und M. Szpunar als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Montaguti und J. Samnadda als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 19. September 2013
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Nintendo Co. Ltd, der Nintendo of America Inc. und der Nintendo of Europe GmbH (im Folgenden zusammen: Nintendo-Unternehmen) einerseits und der PC Box Srl (im Folgenden: PC Box) und der 9Net Srl (im Folgenden: 9Net) andererseits über den Vertrieb von „mod chips” und „game copiers” (im Folgenden: Geräte von PC Box) durch PC Box über deren von 9Net betriebene Website.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Rz. 3
Art. 2 Abs. 1 der am 9. September 1886 in Bern unterzeichneten Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung bestimmt:
„Die Bezeichnung ‚W...