Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 87/102/EWG. Verbraucherschutz. Verbraucherkredit. Nichterfüllung des Kaufvertrags

 

Beteiligte

Scarpelli

Luigi Scarpelli

NEOS Banca SpA

 

Tenor

Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit ist dahin auszulegen, dass in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren das Bestehen einer Vereinbarung zwischen Kreditgeber und Lieferant, wonach Kredite an Kunden dieses Lieferanten ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber bereitgestellt werden, nicht notwendige Voraussetzung für das Recht dieser Kunden ist, in dem Fall, dass der Lieferant seine Verpflichtungen nicht erfüllt, gegen den Kreditgeber vorzugehen, um die Auflösung des Kreditvertrags und die daraus folgende Rückzahlung der dem Kreditgeber bereits gezahlten Beträge zu erlangen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunale di Bergamo (Italien) mit Entscheidung vom 4. Oktober 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 21. November 2007, in dem Verfahren

Luigi Scarpelli

gegen

NEOS Banca SpA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter M. ilešič, A. Tizzano, A. Borg Barthet und E. Levits,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: R. Seres, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Scarpelli, vertreten durch F. Maffettini und G. Pozzi, avvocati,
  • der NEOS Banca SpA, vertreten durch S. Beccari, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch R. Adam als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Kemper als Bevollmächtigte,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch J. Fazekas, R. Somssich und K. Borvölgyi als Bevollmächtigte,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Pignataro-Nolin und W. Wils als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. 1987, L 42, S. 48).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Scarpelli und der NEOS Banca SpA (im Folgenden: NEOS Banca) über die Durchführung eines Kreditvertrags, der im Hinblick auf den Kauf eines Kraftfahrzeugs geschlossen wurde, das niemals ausgeliefert wurde.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Rz. 3

Der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie 87/102 lautet:

„Hat der Verbraucher Waren oder Dienstleistungen im Rahmen eines Kreditvertrags erworben, so sollte er zumindest in den nachstehend genannten Fällen Rechte gegenüber dem Kreditgeber geltend machen können, die zusätzlich zu den ihm nach dem Vertrag zustehenden üblichen Rechten gegenüber dem Lieferanten der Waren oder dem Erbringer der Dienstleistungen bestehen; dies gilt in den Fällen, in denen zwischen diesen Personen eine vorherige Abmachung besteht, wonach Kredite an Kunden dieses Lieferanten zum Zwecke des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des betreffenden Lieferanten ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber bereitgestellt werden.”

Rz. 4

Der 25. Erwägungsgrund dieser Richtlinie lautet:

„Mit dieser Richtlinie werden zwar die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit in gewissem Umfang angeglichen und es wird ein gewisses Maß an Verbraucherschutz erzielt, doch sollte es den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, unter Beachtung ihrer Verpflichtungen aus dem Vertrag zwingendere Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher zu erlassen.”

Rz. 5

Art. 11 Abs. 1 und 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass das Bestehen eines Kreditvertrages in keiner Weise die Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Lieferanten von Waren bzw. Erbringer von Dienstleistungen beeinträchtigt, falls die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen, die mit Hilfe dieses Kreditvertrages erworben werden, nicht geliefert bzw. erbracht werden oder in anderer Weise nicht vertragsmäßig sind.

(2) Wenn

  1. für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen ein Kredit mit einer anderen Person als dem Lieferanten vereinbart worden ist und
  2. zwischen dem Kreditgeber und dem Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen eine vorherige Abmachung besteht, wonach Kredite an Kunden dieses Lieferanten zum Zwecke des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des betreffenden Lieferanten ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber bereitgestellt werden, und
  3. der unter Buchstabe a) genannte Verbra...

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