Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten Projekten. Verwertung von Abfällen. Anlage zur Stromerzeugung durch Verbrennung von aus Abfällen gewonnenen Brennstoffen und von Biomasse in Massafra (Tarent). Richtlinien 75/442/EWG und 85/337/EWG
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 4 Absätze 1, 2 und 3 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in ihrer durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 geänderten Fassung verstoßen,
- dass sie die in Massafra gelegene Anlage, die zur Verbrennung von aus Abfällen gewonnenen Brennstoffen und von Biomasse mit einer Kapazität von mehr als 100 t pro Tag bestimmt ist und unter Anhang I Nr. 10 der Richtlinie 85/337 fällt, von der Umweltverträglichkeitsprüfung freigestellt hat,
- dass sie Artikel 3 Absatz 1 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats vom 3. September 1999, Orientierungs- und Koordinierungsverfügung zur Änderung und Vervollständigung der vorhergehenden Orientierungs- und Koordinierungsverfügung zur Durchführung von Artikel 40 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 146 vom 22. Februar 1994 hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung, erlassen hat, mit dem Anhang A Buchstaben i und l des Dekrets des Präsidenten der Republik vom 12. April 1996, Orientierungs- und Koordinierungsverfügung zur Durchführung von Artikel 40 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 146 vom 22. Februar 1994 hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung, geändert worden ist und der es ermöglicht, Projekte zur Verwertung gefährlicher Abfälle und ungefährlicher Abfälle mit einer Kapazität von mehr als 100 t pro Tag, die unter Anhang I der Richtlinie 85/337 fallen, von der in Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 4 Absatz 1 dieser Richtlinie vorgesehenen Umweltverträglichkeitsprüfung auszunehmen, und
- dass sie Artikel 3 Absatz 1 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats vom 3. September 1999 erlassen hat, der für die Bestimmung, ob ein unter Anhang II der Richtlinie 85/337 fallendes Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss, ein Kriterium festlegt, das nicht angemessen ist, da es von dieser Prüfung Projekte ausnehmen kann, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben.
2. Die Italienische Republik trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 25. November 2004,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. van Beek als Bevollmächtigten im Beistand von F. Louis, avocat, und A. Capobianco, avvocato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli und G. Fiengo, avvocati dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter R. Schintgen, P. Kūris, J. Makarczyk (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. April 2006,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. Mai 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Die Kommission begehrt mit ihrer Klage vom Gerichtshof die Feststellung, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 4 Absätze 1, 2 und 3 der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) in ihrer durch die Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 (ABl. L 73, S. 5) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 85/337) verstoßen hat,
- dass sie das Projekt einer Anlage zur Verbrennung von aus Abfällen gewonnenen Brennstoffen und von Biomasse in Massafra, die unter Anhang I der Richtlinie 85/337 fällt, nicht nach den Artikeln 5 bis 10 der Richtlinie 85/337 einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen hat,
- dass sie eine Regelung (Artikel 3 Absatz 1 des Dekrets des Präsidenten des Ministerrats [Decreto del Presidente del Consiglio dei Ministri] vom 3. September 1999, Orientierungs- und Koordinierungsverfügung zur Änderung und Vervollständigung der vorhergehenden Orientierungs- und Koordinierungsverfügung zur Durchführung von Artikel 40 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 146 vom 22. Februar 1994 hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung [GURI Nr. 302 vom 27. Dezember 1999, im Folgenden: DPCM], mit dem Anhang A Buchstaben i und l des Dekrets des Präsidenten der Republik [Decreto del Presidente della Republica] vom 12. April 1996, Orientierungs- und Koordinierungsverfügung zur Durchführung von Artikel 40...