Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßnahmen gleicher Wirkung. Gesundheitspolizei. Innergemeinschaftlicher Handel. Frischfleisch. Veterinärrechtliche Kontrollen. Außervertragliche Haftung eines Mitgliedstaats. Verjährungsfrist. Feststellung einer Schädigung
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
1. Einzelne, die durch Fehler bei der Umsetzung oder Anwendung der Richtlinien 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch in der durch die Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 geänderten Fassung und 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt geschädigt wurden, können sich für die Auslösung der Staatshaftung wegen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht auf das Recht auf freien Warenverkehr berufen.
2. Das Gemeinschaftsrecht verlangt nicht, dass die in der nationalen Regelung vorgesehene Verjährung des Staatshaftungsanspruchs wegen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht während eines von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 226 EG anhängig gemachten Vertragsverletzungsverfahrens unterbrochen oder gehemmt wird.
3. Das Gemeinschaftsrecht verwehrt es nicht, die Verjährungsfrist für einen Staatshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Umsetzung einer Richtlinie zu dem Zeitpunkt in Lauf zu setzen, in dem die ersten Schadensfolgen der fehlerhaften Umsetzung eingetreten und weitere Schadensfolgen absehbar sind, selbst wenn dieser Zeitpunkt vor der ordnungsgemäßen Umsetzung dieser Richtlinie liegt.
4. Das Gemeinschaftsrecht steht der Anwendung einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der ein Einzelner keinen Ersatz für einen Schaden verlangen kann, bei dem er es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, ihn durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, vorausgesetzt, dass der Gebrauch dieses Rechtsmittels dem Geschädigten zumutbar ist; es ist Sache des vorlegenden Gerichts, dies anhand aller Umstände des Ausgangsrechtsstreits zu prüfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das nationale Gericht nach Art. 234 EG ein Vorabentscheidungsersuchen stellt, oder eine beim Gerichtshof anhängige Vertragsverletzungsklage lassen für sich genommen nicht den Schluss zu, dass der Gebrauch eines Rechtsmittels unzumutbar ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 12. Oktober 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 6. November 2006, in dem Verfahren
Danske Slagterier
gegen
Bundesrepublik Deutschland
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts, M. ilešič und A. Ó Caoimh sowie der Richter G. Arestis, A. Borg Barthet (Berichterstatter), J. Malenovský, J. Klučka, U. Lõhmus und E. Levits,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: K. Sztranc-Sławiczek, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Danske Slagterier, vertreten durch Rechtsanwalt R. Karpenstein,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und C. Blaschke als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt L. Giesberts,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch T. Boček als Bevollmächtigten,
- der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos, S. Charitaki und S. Papaioannou als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A.-L. During als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
- der polnischen Regierung, vertreten durch E. Ośniecka-Tamecka und P. Kucharski als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch S. Lee, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch F. Erlbacher und H. Krämer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. September 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. o und Art. 6 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 über die gesundheitlichen Bedingungen für die Gewinnung und das Inverkehrbringen von frischem Fleisch (ABl. 1964, Nr. 121, S. 2012) in der durch die Richtlinie 91/497/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 (ABl. L 268, S. 69) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 64/433), von Art. 5 Abs. 1, Art. 7 und 8 der Richtlinie 89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl. L 395, S. 13) sowie von Art. 28 EG.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Recht...