Entscheidungsstichwort (Thema)

Öffentliche Dienstleistungsaufträge. Richtlinien 92/50/EWG und 93/38/EWG. Zuschlagskriterien. Wirtschaftlich günstigstes Angebot. Beachtung der in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien. Aufstellung von Unterkriterien für ein Zuschlagskriterium der Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags. Entscheidung, die eine Gewichtung vorsieht. Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und Transparenzgebot

 

Beteiligte

ATI EAC u.a

ATI EAC Srl e Viaggi di Maio Snc

EAC Srl

Viaggi di Maio Snc

ACTV Venezia SpA

Provinz Venedig

Stadt Venedig

ATI La Linea SpA-CSSA

 

Tenor

Artikel 36 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge und Artikel 34 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor sind dahin auszulegen, dass das Gemeinschaftsrecht es einer Vergabekommission nicht verwehrt, Unterkriterien eines zuvor festgelegten Zuschlagskriteriums dadurch besonders zu gewichten, dass sie die vom öffentlichen Auftraggeber bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen oder der Bekanntmachung des Auftrags für dieses Kriterium vorgesehenen Punkte auf die Unterkriterien verteilt, sofern eine solche Entscheidung

  • die in den Verdingungsunterlagen oder in der Bekanntmachung des Auftrags bestimmten Zuschlagskriterien für den Auftrag nicht ändert,
  • nichts enthält, was, wenn es bei der Vorbereitung der Angebote bekannt gewesen wäre, diese Vorbereitung hätte beeinflussen können, und
  • nicht unter Berücksichtigung von Umständen erlassen wurde, die einen der Bieter diskriminieren konnten.
 

Tatbestand

In der Rechtssache C-331/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, vorgelegt vom italienischen Consiglio di Stato mit Entscheidung vom 6. April 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Juli 2004, in dem Verfahren

ATI EAC Srl e Viaggi di Maio Snc,

EAC Srl,

Viaggi di Maio Snc

gegen

ACTV Venezia SpA,

Provinz Venedig,

Stadt Venedig,

Beteiligte:

ATI La Linea SpA-CSSA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter C. Gulmann (Berichterstatter), R. Schintgen, G. Arestis und J. Klucka,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der ATI EAC Srl e Viaggi di Maio Snc, EAC Srl und Viaggi di Maio Snc, vertreten durch L. Visone, avvocato,
  • der ACTV Venezia SpA, vertreten durch A. Bianchini und E. Romanelli, avvocati,
  • der ATI La Linea SpA-CSSA, vertreten durch P. Zanardi und G. Fiore, avvocati,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster, C. M. Wissels und D. J. M. de Grave als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch D. Recchia und X. Lewis als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. September 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 36 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) und von Artikel 34 der Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199, S. 84).

2 Es wird im Rahmen eines Rechtsstreits der ATI EAC Srl e Viaggi di Maio Snc sowie dieser beiden Firmen (Klägerinnen) gegen die ACTV Venezia SpA (im Folgenden: ACTV), die Provinz Venedig und die Stadt Venedig über die Vergabe eines öffentlichen Personenbeförderungsdienstleistungsauftrags vorgelegt.

Rechtlicher Rahmen

3 Artikel 36 – Zuschlagskriterien – der Richtlinie 92/50 lautet wie folgt:

„(1) Der Auftraggeber wendet … bei der Erteilung des Zuschlags folgende Kriterien an:

  1. entweder – wenn der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgt – verschiedene auf den jeweiligen Auftrag bezogene Kriterien, z. B. Qualität, technischer Wert, Ästhetik, Zweckmäßigkeit der Leistung, Kundendienst und technische Hilfe, Lieferzeitpunkt, Ausführungszeitraum oder -frist, Preis,

(2) Bei Aufträgen, die auf das wirtschaftlich günstigste Angebot vergeben werden sollen, geben die Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung sie vorsehen, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung.”

4 Artikel 34 der Richtlinie 93/38 lautet:

„(1) [D]as für die Auftragsvergabe maßgebende Kriterium [ist]

  1. entweder das wirtschaftlich günstigste Angebot ...

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