Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 89/552/EWG. Fernsehen. Werbespots. Sendezeit
Beteiligte
Tenor
1. Das Königreich Spanien hat gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in der durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 geänderten Fassung verstoßen, indem es duldete, dass bestimmte Formen der Werbung, wie Werbereportagen, Telepromotion-Spots, Sponsoring-Werbespots und Mikrowerbespots, von spanischen Fernsehanstalten mit längerer Dauer ausgestrahlt werden als der in Art. 18 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehenen Höchstdauer von 20 v. H. der Sendezeit pro voller Stunde.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 22. Juli 2009,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und C. Vrignon als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
unterstützt durch
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch S. Behzadi-Spencer und S. Hathaway als Bevollmächtigte,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter M. Safjan, M. Ilešič und E. Levits sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin),
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. April 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) in der durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 202, S. 60) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/552) in Verbindung mit Art. 10 EG verstoßen hat, dass es offenkundige, wiederholte und schwere Verstöße gegen Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 89/552 geduldet hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Der 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 89/552 besagt: „Um sicherzustellen, dass die Interessen der Verbraucher als Zuschauer umfassend und angemessen geschützt werden, muss die Fernsehwerbung einer Reihe von Mindestnormen und Kriterien unterworfen werden; die Mitgliedstaaten müssen das Recht behalten, ausführlichere oder strengere Bestimmungen … einzuführen.”
Rz. 3
Art. 1 der Richtlinie 89/552 sieht vor:
„Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet:
…
c) ‚Fernsehwerbung’ jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Fernsehen von einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern.
…
e) ‚Sponsoring’ jeder Beitrag eines nicht im Bereich der Produktion von audiovisuellen Werken tätigen öffentlichen oder privaten Unternehmens zur Finanzierung von Fernsehprogrammen mit dem Ziel, seinen Namen, seine Marke, sein Erscheinungsbild, seine Tätigkeit oder seine Leistungen zu fördern.
f) ‚Teleshopping’ Sendungen direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt.”
Rz. 4
Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 89/552 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten sorgen mit geeigneten Mitteln im Rahmen ihrer Rechtsvorschriften dafür, dass die jeweils ihrer Rechtshoheit unterworfenen Fernsehveranstalter die Bestimmungen dieser Richtlinie einhalten.”
Rz. 5
Art. 17 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:
„Gesponserte Fernsehprogramme müssen folgenden Anforderungen genügen:
- Inhalt und Programmplatz einer gesponserten Sendung dürfen vom Sponsor auf keinen Fall in der Weise beeinflusst werden, dass die Verantwortung und die redaktionelle Unabhängigkeit des Fernsehveranstalters in Bezug auf die Sendungen angetastet werden.
- Sie sind als Sponsorprogramme durch den Namen und/oder das Firmenemblem des Sponsors am Programmanfang und/oder Programmende eindeutig zu kennzeichnen.
- Sie dürfen nicht zum Kauf oder zur Miete bzw. Pacht von Erzeugnissen oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Sponsors oder eines Dritten, insbesondere durch spezifische verkaufsfördernde Hinweise auf diese Erzeugnisse oder Di...