Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsangleichung. Urheberrecht und verwandte Schutzrechte. Richtlinie 2001/29/EG. Art. 3. Begriff der ‚Wiedergabe eines Werkes an eine Öffentlichkeit, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, anwesend ist’. Verbreitung musikalischer Werke in Anwesenheit einer Öffentlichkeit, ohne dass an die Verwertungsgesellschaft die entsprechenden urheberrechtlichen Vergütungen gezahlt werden. Abschluss von Verträgen mit den Urhebern der Werke über die Übertragung der Vermögensrechte. Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/29
Beteiligte
Circul Globus Bucureşti (Circ & Variete Globus Bucureşti) |
Uniunea Compozitorilor şi Muzicologilor din România – Asociaţia pentru Drepturi de Autor (UCMR – ADA) |
Tenor
Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und insbesondere ihr Art. 3 Abs. 1 sind dahin auszulegen, dass sie nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit betreffen, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist, und zwar unter Ausschluss jeder direkten Wiedergabe eines Werkes an einem der Öffentlichkeit zugänglichen Ort in allen Formen der direkten Aufführung oder Darbietung des Werkes.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Înalta Curte de Casaţie şi Justiţie (Rumänien) mit Entscheidung vom 14. Mai 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juni 2010, in dem Verfahren
Circul Globus Bucureşti (Circ & Variete Globus Bucureşti)
gegen
Uniunea Compozitorilor şi Muzicologilor din România – Asociaţia pentru Drepturi de Autor (UCMR – ADA)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters J. Malenovský (Berichterstatter), der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und D. Šváby,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Uniunea Compozitorilor şi Muzicologilor din România – Asociaţia pentru Drepturi de Autor (UCMR – ADA), vertreten durch A. Roată-Palade, avocat,
- der rumänischen Regierung, vertreten durch A. Popescu als Bevollmächtigten sowie durch A. Wellman und A. Borobeică, Beraterinnen,
- der spanischen Regierung, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda und I. V. Rogalski als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167, S. 10).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Uniunea Compozitorilor şi Muzicologilor din România – Asociaţia pentru Drepturi de Autor (UCMR – ADA) (im Folgenden: UCMR – ADA) und dem Circul Globus Bucureşti, jetzt Circ & Variete Globus Bucureşti (im Folgenden: Zirkus Globus), wegen dessen angeblicher Verletzung von durch die UCMR – ADA verwalteten Rechten des geistigen Eigentums.
Rechtlicher Rahmen
Völkerrecht
Rz. 3
Art. 11 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in der am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft) bestimmt:
„(1) Die Urheber von dramatischen, dramatisch-musikalischen und musikalischen Werken genießen das ausschließliche Recht, zu erlauben:
- die öffentliche Aufführung ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Aufführung durch irgendein Mittel oder Verfahren,
- die öffentliche Übertragung der Aufführung ihrer Werke durch irgendein Mittel.
(2) Die gleichen Rechte werden den Urhebern dramatischer oder dramatisch-musikalischer Werke während der ganzen Dauer ihrer Rechte am Originalwerk hinsichtlich der Übersetzung ihrer Werke gewährt.”
Unionsrecht
Rz. 4
Der zweite und der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/29 lauten:
„(2) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Korfu am 24. und 25. Juni 1994 die Notwendigkeit der Schaffung eines allgemeinen und flexiblen Ordnungsrahmens auf Gemeinschaftsebene für die Förderung der Entwicklung der Informationsgesellschaft in Europa hervorgehoben. Hierzu ist unter anderem ein Binnenmarkt für neue Produkte und Dienstleistungen erforderlich. Wichtige gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, mit denen ein derartiger Ordnungsrahmen sichergestellt werden sollte, wurden bereits eingeführt, in anderen Fällen steht ihre Annahme bevor. In diesem Zusammenhang spielen das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte eine bedeutende Rolle, da sie die Entwicklung und den Vertrieb neuer Produk...