Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges und gewerbliches Eigentum. Verletzung. Schadensersatzberechnung. Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats. Doppelter Betrag der normalerweise fälligen Gebühren
Normenkette
Richtlinie 2004/48/EG Art. 13
Beteiligte
Stowarzyszenie Oławska Telewizja Kablowa |
Stowarzyszenie „Oławska Telewizja Kablowa” |
Stowarzyszenie Filmowców Polskich |
Tenor
Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach der Inhaber des verletzten Rechts des geistigen Eigentums von der Person, die dieses Recht verletzt hat, entweder die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens – bei der sämtliche für den Anlassfall maßgebenden Aspekte zu berücksichtigen sind – oder, ohne den tatsächlichen Schaden nachweisen zu müssen, die Zahlung einer Geldsumme verlangen kann, die dem Doppelten der angemessenen Vergütung entspricht, die für die Erteilung der Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Werks zu entrichten gewesen wäre, nicht entgegensteht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sad Najwyzszy (Oberster Gerichtshof, Polen) mit Entscheidung vom 15. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Juli 2015, in dem Verfahren
Stowarzyszenie „Oławska Telewizja Kablowa”
gegen
Stowarzyszenie Filmowców Polskich
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça sowie der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2016,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Stowarzyszenie „Oławska Telewizja Kablowa”, vertreten durch R. Comi und A. Comi, radcowie prawni,
- der Stowarzyszenie Filmowców Polskich, vertreten durch W. Kulis und E. Traple, adwokaci,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Drwiecki und M. Nowak als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch A. Magrippi und E. Tsaousi als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer und G. Eberhard als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Hottiaux und F. Wilman als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. November 2016
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. 2004, L 157, S. 45, und Berichtigung im ABl. 2004, L 195, S. 16).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Stowarzyszenie „Oławska Telewizja Kablowa” mit Sitz in Olawa (Polen) (im Folgenden: OTK) und Stowarzyszenie Filmowców Polskich mit Sitz in Warschau (Polen) (im Folgenden: SFP) über eine Klage wegen Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums.
Rechtlicher Rahmen
Internationales Recht
Rz. 3
In Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vom 15. April 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 214, im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen) in Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) (ABl. 1994, L 336, S. 3) heißt es:
„Die Mitglieder wenden die Bestimmungen dieses Übereinkommens an. Die Mitglieder dürfen in ihr Recht einen umfassenderen Schutz als den durch dieses Übereinkommen geforderten aufnehmen, vorausgesetzt, dieser Schutz läuft diesem Übereinkommen nicht zuwider, sie sind dazu aber nicht verpflichtet. …”
Rz. 4
Art. 19 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24. Juli 1971) in ihrer am 28. September 1979 geänderten Fassung (im Folgenden: Berner Übereinkunft) bestimmt:
„Die Bestimmungen dieser Übereinkunft hindern nicht daran, die Anwendung von weitergehenden Bestimmungen zu beanspruchen, die durch die Gesetzgebung eines Verbandslands etwa erlassen werden.”
Rz. 5
Art. 2 Abs. 2 des am 26. Oktober 1961 in Rom geschlossenen internationalen Abkommens über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (im Folgenden: Rom-Abkommen) lautet:
„Die Inländerbehandlung wird nach Maßgabe des in diesem Abkommen ausdrücklich gewährleisteten Schutzes und der darin ausdrücklich vorgesehenen Einschränkungen gewährt.”
Unionsrecht
Rz. 6
Die Erwägungsgründe 3, 5 bis 7, 10 und 26 der Richtlinie 2004/48 lauten:
„(3) Ohne wirksame Instrumente zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums werden … Innovation und kreatives Schaffen gebremst und Investitionen verhindert. Daher ist darauf zu achten, dass das materielle Recht auf dem Gebiet des geistigen Eigentums … in der [Union] wir...