Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Geltungsbereich. Nicht erfüllte Ansprüche auf Arbeitsentgelt von Seeleuten, die an Bord eines Schiffes arbeiten, das unter der Flagge eines Drittstaats fährt. Arbeitgeber mit satzungsmäßigem Sitz in diesem Drittstaat. Arbeitsvertrag, der dem Recht dieses Drittstaats unterliegt. Konkurs des Arbeitgebers, der in einem Mitgliedstaat eröffnet wurde, in dem er seinen tatsächlichen Sitz hat. Nationale Rechtsvorschriften, die eine Sicherung der nicht erfüllten Arbeitsentgeltansprüche von Seeleuten vorsehen, die nur dann greift, wenn diese im Ausland zurückgelassen werden. Schutzniveau, das dem in der Richtlinie 80/987 vorgesehenen nicht gleichwertig ist
Normenkette
EWGRL 987/80 Art. 1 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
1. Die Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ist dahin auszulegen, dass – vorbehaltlich einer etwaigen Anwendung von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie – Seeleute, die in einem Mitgliedstaat wohnen und dort von einer Gesellschaft, die ihren satzungsmäßigen Sitz in einem Drittstaat, ihren tatsächlichen Sitz aber in diesem Mitgliedstaat hat, angeheuert wurden, um als Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags, der als anzuwendendes Recht das Recht des Drittstaats bestimmt, an Bord eines Kreuzfahrtschiffs zu arbeiten, das im Eigentum dieser Gesellschaft steht und die Flagge des Drittstaats führt, in der Lage sein müssen, den Schutz zu genießen, den die Richtlinie hinsichtlich ihrer nicht erfüllten Arbeitsentgeltansprüche vorsieht, die sie gegenüber dieser von einem Gericht des betreffenden Mitgliedstaats nach dessen Recht für zahlungsunfähig erklärten Gesellschaft haben.
2. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 80/987 ist dahin auszulegen, dass ein Schutz, wie er in Art. 29 des Gesetzes 1220/1981 zur Ergänzung und Änderung der Vorschriften über die Hafenbehörde von Piräus für den Fall der Zurücklassung von Seeleuten im Ausland vorgesehen ist, für Arbeitnehmer in der Lage der Revisionsbeklagten des Ausgangsverfahrens keinen „Schutz …, der dem sich aus dieser Richtlinie ergebenden Schutz gleichwertig ist” im Sinne dieser Richtlinienbestimmung darstellt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) mit Entscheidung vom 5. Mai 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Juni 2014, in dem Verfahren
Elliniko Dimosio
gegen
Stefanos Stroumpoulis,
Nikolaos Koumpanos,
Panagiotis Renieris,
Charalampos Renieris,
Ioannis Zacharias,
Dimitrios Lazarou,
Apostolos Chatzisotiriou
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Dritten Kammer L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterinnen A. Prechal (Berichterstatterin) und K. Jürimäe,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der griechischen Regierung, vertreten durch X. Basakou, I. Kotsoni und K. Georgiadis als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von B. Tidore, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Patakia und J. Enegren als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. September 2015
folgendes
Urteil]
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. L 283, S. 23).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Elliniko Dimosio (Griechischer Staat) und Herrn Stroumpoulis, Herrn Koumpanos, Herrn P. Renieris, Herrn C. Renieris, Herrn Zacharias, Herrn Lazarou und Herrn Chatzisotiriou wegen des Schadens, der diesen aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie 80/987 in das nationale Recht entstanden sein soll.
Rechtlicher Rahmen
SRÜ
Rz. 3
Das am 10. Dezember 1982 in Montego Bay unterzeichnete und am 16. November 1994 in Kraft getretene Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (im Folgenden: SRÜ) wurde von der Republik Malta am 20. Mai 1993 und von der Hellenischen Republik am 21. Juli 1995 ratifiziert und im Namen der Europäischen Gemeinschaft durch den Beschluss 98/392/EG des Rates vom 23. März 1998 über den Abschluss des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dez...