Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Missbrauch einer beherrschenden Stellung. Slowakischer Markt für Breitband-Internetzugangsdienste. Regulatorische Verpflichtung der Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht, Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewähren. Von dem auf dem Markt etablierten Betreiber festgelegte Bedingungen für den entbündelten Zugang anderer Betreiber zum Teilnehmeranschluss. Unentbehrlichkeit des Zugangs. Margenbeschneidung. Kosten. Wettbewerber, der zumindest ebenso effizient ist wie das Unternehmen in beherrschender Stellung. Verteidigungsrechte
Normenkette
AEUV Art. 102
Beteiligte
Slovak Telekom / Kommission |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Slovak Telekom a.s. trägt neben ihren eigenen Kosten die der Europäischen Kommission.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. Februar 2019,
Slovak Telekoma.s. mit Sitz in Bratislava (Slowakei), Prozessbevollmächtigte: D. Geradin, avocat, und R. O'Donoghue, QC,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch M. Farley, M. Kellerbauer, L. Malferrari, C. Vollrath und L. Wildpanner als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Slovaneta.s. mit Sitz in Bratislava, Prozessbevollmächtigter: P. Tisaj, advokát,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer, der Richter N. Wahl und F. Biltgen sowie der Richterin L. S. Rossi,
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2020,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. September 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Slovak Telekom a.s. erstens die vollständige oder teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 13. Dezember 2018, Slovak Telekom/Kommission (T-851/14, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:929), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2014) 7465 final der Kommission vom 15. Oktober 2014 in einem Verfahren nach Artikel 102 AEUV und Artikel 54 des EWR-Abkommens (Sache AT.39523 – Slovak Telekom) in der durch die Beschlüsse C(2014) 10119 final und C(2015) 2484 final der Kommission vom 16. Dezember 2014 bzw. 17. April 2015 berichtigten Fassung (im Folgenden: streitiger Beschluss) teilweise abgewiesen wurde, zweitens die vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses und drittens, hilfsweise, die Aufhebung oder Herabsetzung der mit dem streitigen Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 2887/2000
Rz. 2
In den Erwägungsgründen 3, 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss (ABl. 2000, L 336, S. 4) hieß es:
„(3) Der Begriff ‚Teilnehmeranschluss’ bezeichnet die physische Doppelader-Metallleitung des öffentlichen Telefonfestnetzes, die den Netzabschlusspunkt am Standort des Teilnehmers mit dem Hauptverteiler oder einer entsprechenden Einrichtung verbindet. Wie im Fünften Bericht der [Europäischen] Kommission über die Umsetzung des Reformpakets für den Telekommunikationssektor festgestellt wird, ist das Ortsanschlussnetz nach wie vor eines der Segmente des liberalisierten Telekommunikationsmarktes, in denen der geringste Wettbewerb herrscht. Neue Marktteilnehmer verfügen nicht über weit reichende alternative Netzinfrastrukturen und genießen mit herkömmlichen Technologien nicht die Skalenerträge und die Abdeckung derjenigen Festnetzbetreiber, die für den Bereich des öffentlichen Telefonfestnetzes als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht gemeldet wurden. Dies ist dadurch bedingt, dass diese Betreiber ihre Metallleitungs-Ortsanschlussinfrastruktur über geraume Zeit hinweg, durch ausschließliche Rechte geschützt, ausgebaut haben und ihre Investitionen aus Monopoleinkünften finanzieren konnten.
…
(6) Für neue Marktteilnehmer wäre es unwirtschaftlich, innerhalb einer angemessenen Frist ein komplettes Gegenstück zu den zum Teilnehmeranschluss führenden Metallleitungen des etablierten Betreibers zu schaffen. Alternative Infrastrukturen wie TV-Kabelnetze, Satellitenverbindungen oder drahtlose Teilnehmeranschlüsse bieten derzeit im Allgemeinen nicht die gleiche Funktionalität und Omnipräsenz, obgleich die Verhältnisse von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich sein können.
(7) Der entbündelte Zugang zum Teilnehmeranschluss ermöglicht es neuen Marktteilnehmern, bei schnellen Datenübertragungsdiensten für den permanenten Internetzugang und für DSL-gestützte Multimedia-Anwendungen sowie bei Sprac...