Entscheidungsstichwort (Thema)

Beibehaltung einer früheren Verbrauchsteuer, Beibehaltung einer lokalen Verbrauchsteuer, französische Abgabe zur öffentlichen Stromversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 18 Abs. 10 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ist dahin auszulegen, dass die Beachtung der von dieser Richtlinie vorgesehenen Mindeststeuersätze bis zum 1. Januar 2009 die einzige der Französischen Republik obliegende Verpflichtung aus den vom Unionsrecht vorgesehenen Regelungen zur Strombesteuerung darstellte.

2. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren ist dahin auszulegen, dass die Einführung einer anderen indirekten Steuer auf elektrischen Strom nicht von der Einführung einer harmonisierten Verbrauchsteuer abhängt und dass die Vereinbarkeit einer Steuer wie der im Ausgangsverfahren fraglichen mit den Richtlinien 92/12 und 2003/96 aufgrund dessen, dass sie keine solche Verbrauchsteuer darstellt, anhand der Voraussetzungen zu prüfen ist, die nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 für andere indirekte Steuern mit besonderer Zielsetzung gelten.

3. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 ist dahin auszulegen, dass eine Steuer wie die im Ausgangsverfahren fragliche als „andere indirekte Steuer“ qualifiziert werden kann, und zwar unter Berücksichtigung ihrer Zielsetzung des Umweltschutzes in Form der Deckung der Mehrkosten, die mit der Pflicht zur Abnahme grüner Energie verbunden sind, unter Außerachtlassung ihrer Zielsetzung der Förderung des territorialen und sozialen Zusammenhalts in Form eines geografischen Tarifausgleichs und einer Tarifreduzierung für einkommensschwache Haushalte und ihrer rein administrativen Zielsetzungen, insbesondere der Deckung der Verwaltungskosten von Behörden oder öffentlichen Einrichtungen wie der Schlichtungsstelle und der Ausgleichskasse, und vorbehaltlich der Überprüfung durch das vorlegende Gericht, ob sie die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchsteuern beachtet.

4. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass die betroffenen Steuerpflichtigen eine teilweise Erstattung einer Steuer wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entsprechend dem Teil der Einnahmen aus derselben, der keiner besonderen Zielsetzung dient, fordern können, sofern sie diese Steuer nicht auf ihre eigenen Kunden abgewälzt haben, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

 

Normenkette

EGRL 96/2003 Art. 18 Abs. 10; EWGRL 12 /92 Art. 3 Abs. 2

 

Beteiligte

Messer France

Messer France SAS

Premier ministre

Ministre de l Économie et des Finances

Commission de régulation de l énergie

Ministre de l environnement, de l énergie et de la mer

 

Verfahrensgang

Conseil d Etat (Frankreich) (Beschluss vom 22.02.2017; Abl.EU 2017, Nr. C 161/10)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Harmonisierung des Steuerrechts ‐ Richtlinie 92/12/EWG ‐ Art. 3 Abs. 2 ‐ Richtlinie 2003/96/EWG ‐ Art. 3 und 18 ‐ Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom ‐ Verbrauchsteuern ‐ Existenz einer anderen indirekten Steuer ‐ Voraussetzungen ‐ Nationale Vorschrift, die eine Abgabe zur öffentlichen Stromversorgung vorsieht ‐ Begriff ‚besondere Zielsetzung‘ ‐ Einhaltung eines Mindeststeuerbetrags“

In der Rechtssache C-103/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidung vom 22. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Februar 2017, in dem Verfahren

Messer France SAS, vormals Praxair,

gegen

Premier ministre,

Commission de régulation de l’énergie,

Ministre de l’Économie et des Finances,

Ministre de l’Environnement, de l’Énergie et de la Mer

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, A. Arabadjiev, S. Rodin und E. Regan (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Messer France SAS, vertreten durch S. Espasa-Mattei, C. Smits und B. Boutemy, avocats,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, E. de Moustier, A. Alidière und S. Ghiandoni als Bevollmächtigte,

‐ der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und P. Cottin als Bevollmächtigte im Beistand von J. Bourtembourg, V. Feyens und L. Ernoux-Neufcoeur, avocats,

‐ der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Perrin, D. Recchia und F. Tomat als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Mä...

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