Entscheidungsstichwort (Thema)
„Freier Dienstleistungsverkehr Vorübergehende Entsendung zur Erfüllung eines Vertrages Jahresurlaub und Urlaubsgeld”
Beteiligte
Finalarte Sociedade de Construção Civil Lda |
Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft |
Portugaia Construções Lda |
Engil Sociedade de Construção Civil SA |
Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft |
Tecnamb-Tecnologia do Ambiente Lda |
Turiprata Construções Civil Lda |
Santos & Kewitz Construções Lda |
Tenor
1. Die Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) stehen dem nicht entgegen, dass ein Mitgliedstaat ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen, das eine Dienstleistung im Gebiet des ersten Mitgliedstaats erbringt, einer nationalen Regelung wie derjenigen des § 1 Absatz 3 Satz 1 Arbeitnehmer-Entsendegesetz unterwirft, durch die den zu diesem Zweck von dem Unternehmen entsandten Arbeitnehmern Urlaubsansprüche garantiert werden, sofern zum einen die Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften des Niederlassungsmitgliedstaats ihres Arbeitgebers keinen im Wesentlichen vergleichbaren Schutz genießen, so dass die Anwendung der nationalen Regelung des ersten Mitgliedstaats ihnen einen tatsächlichen Vorteil verschafft, der deutlich zu ihrem sozialen Schutz beiträgt, und zum anderen die Anwendung dieser Regelung des ersten Mitgliedstaats im Hinblick auf das verfolgte im Allgemeininteresse liegende Ziel verhältnismäßig ist.
2. a) Die Artikel 59 und 60 EG-Vertrag stehen der Ausdehnung der Regelung eines Mitgliedstaats, die eine Urlaubslänge vorsieht, die über die in der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vorgesehene hinausgeht, auf die von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Dienstleistenden in diesen Mitgliedstaat entsandten Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung nicht entgegen.
b) Sofern dies durch objektive Unterschiede zwischen Unternehmen, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind, und solchen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, gerechtfertigt ist, stehen die Artikel 59 und 60 EG-Vertrag einer nationalen Regelung nicht entgegen, die den Erstgenannten einen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen für Urlaubsentgelt und Urlaubsgeld gegen die Urlaubskasse zubilligt, für die Zweitgenannten aber einen solchen Anspruch nicht vorsieht, sondern stattdessen einen direkten Anspruch der entsandten Arbeitnehmer gegen diese Kasse begründet.
c) Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu ermitteln, welche Arten von Auskünften die deutschen Behörden von den außerhalb Deutschlands ansässigen Dienstleistenden zulässigerweise verlangen können. Zu diesem Zweck hat das vorlegende Gericht zu beurteilen, ob objektive Unterschiede zwischen der Situation von in Deutschland ansässigen Unternehmen und derjenigen von außerhalb Deutschlands ansässigen Unternehmen die von Letzteren verlangten zusätzlichen Auskünfte sachlich erforderlich machen.
3. Die Artikel 59 und 60 EG-Vertrag stehen der Anwendung der Urlaubsregelung eines Mitgliedstaats auf alle Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind und im Gebiet des ersten Mitgliedstaats Dienstleistungen im Baugewerbe erbringen, entgegen, wenn nicht alle in dem ersten Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen, die nur einen Teil ihrer Tätigkeit in diesem Gewerbe ausüben, dieser Regelung in Bezug auf ihre in diesem Gewerbe beschäftigten Arbeitnehmer unterliegen.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen C-49/98, C-50/98, C-52/98 bis C-54/98 und C-68/98 bis C-71/98
betreffend dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Arbeitsgericht Wiesbaden (Deutschland) in den bei diesem anhängigen Rechtsstreitigkeiten
vorgelegte Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 48 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 39 EG und 49 EG) und des Artikels 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) sowie des Artikels 3 Absatz 1 Unterabsatz 1 zweiter Gedankenstrich Buchstabe b der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997. L 18. S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten … sowie der Richter … (Berichterstatter) und …
Generalanwalt: …
Kanzler: …
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
URTEIL VOM 25.10.2001 – VERBUNDENE RECHTSSACHEN C-49/98, C-50/98, C-52/98 BIS C-54/98 UND C-68/98 BIS C-71/98
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der …
in der Sitzung
vom 30. März 2000,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Juli 2000,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat mit Beschlüssen vom 10. Februar 1998 (C-49/98), 16. Februar 1998 (C-50/98) und 17. Februar 1998 (C-52/98 bis C-54/98), beim...