Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Kartelle. Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen. Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen. Obergrenze von 10 % des Umsatzes. Leitlinien von 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen. Begründungspflicht. Grundsatz der Gleichbehandlung. Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 1/2003 Art. 23 Abs. 2

 

Beteiligte

Laufen Austria / Kommission

Europäische Kommission

Laufen Austria AG

 

Tenor

1. Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Laufen Austria/Kommission (T-411/10, EU:T:2013:443), wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag der Laufen Austria AG auf Herabsetzung der verhängten Geldbuße an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 27. November 2013,

Laufen Austria AG mit Sitz in Wilhelmsburg (Österreich), Prozessbevollmächtigte: E. Navarro Varona, abogada,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, F. Castillo de la Torre und F. Jimeno Fernández als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Levits, S. Rodin (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Laufen Austria AG die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Laufen Austria/Kommission (T-411/10, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2013:443), soweit das Gericht mit diesem Urteil ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit er sie betrifft, und, hilfsweise, auf Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1/2003

Rz. 2

Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) sieht vor:

„Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a) gegen Artikel [101] oder Artikel [102 AEUV] verstoßen …

Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

…”

Leitlinien von 2006

Rz. 3

In den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) heißt es in Ziff. 2 zur Bemessung der Geldbußen, dass „die Kommission die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen [muss]” und dass „die in Artikel 23 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der [Verordnung Nr. 1/2003] genannten Obergrenzen nicht überschritten werden [dürfen]”.

Rz. 4

Ziff. 13 der Leitlinien sieht vor:

„Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des [Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)] verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren … Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen Geschäftsjahr zugrunde zu legen, in dem das Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt war.”

Rz. 5

Ziff. 20 der Leitlinien bestimmt:

„Die Schwere der Zuwiderhandlung wird in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt.”

Rz. 6

Ziff. 21 der Leitlinien sieht vor:

„Grundsätzlich kann ein Betrag von bis zu 30 % des Umsatzes festgesetzt werden.”

Rz. 7

Ziff. 22 der Leitlinien von 2006 lautet:

„Bei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite berücksichtigt die Kommission mehrere Umstände, u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwai...

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