Entscheidungsstichwort (Thema)

Richtlinie 93/36/EWG. Öffentliche Lieferaufträge. Richtlinie 89/665/EWG. Nachprüfungsverfahren bei öffentlichen Aufträgen. Ausschlussfrist. Grundsatz der Effektivität

 

Beteiligte

Santex

Santex SpA

Unità Socio Sanitaria Locale

 

Tenor

Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge ist dahin auszulegen, dass sie, wenn feststeht, dass ein öffentlicher Auftraggeber durch sein Verhalten die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einem Unionsbürger eingeräumt, dem durch eine Entscheidung dieses öffentlichen Auftraggebers ein Schaden entstanden ist, unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert hat, die zuständigen nationalen Gerichte verpflichtet, die auf der Unvereinbarkeit der Ausschreibung mit dem Gemeinschaftsrecht beruhenden Rügen zuzulassen, die zur Stützung eines Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung geltend gemacht werden, indem die Gerichte gegebenenfalls von der nach nationalem Recht vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen, die nationalen Präklusionsvorschriften außer Anwendung zu lassen, nach denen eine solche Unvereinbarkeit nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist gegen eine Ausschreibung nicht mehr geltend gemacht werden kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-327/00

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel Artikel 234 EG vom Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia (Italien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Santex SpA

gegen

Unità Socio Sanitaria Locale n. 42 di Pavia,

weitere Verfahrensbeteiligte:

Sca Mölnlycke SpA,

Artsana SpA

und

Fater SpA,

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 22 der Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1) und von Artikel 6 Absatz 2 EU

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-P. Puissochet sowie der Richter R. Schintgen und V. Skouris (Berichterstatter), der Richterin F. Macken und des Richters J. N. Cunha Rodrigues,

Generalanwalt: S. Alber

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen:

  • der italienischen Regierung, vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten im Beistand von M. Fiorilli, avvocato dello Stato,
  • der französischen Regierung, vertreten durch A. Bréville-Viéville und G. de Bergues als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Nolin und R. Amorosi als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der italienischen Regierung, der französischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 6. Dezember 2001,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Februar 2002,

folgendes

Urteil

1.

Das Tribunale amministrativo regionale per la Lombardia hat mit Beschluss vom 23. Juni 2000, beim Gerichtshof eingegangen am 4. September 2000, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 22 der Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1) und von Artikel 6 Absatz 2 EU zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2.

Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Firma Santex SpA (im Folgenden: Santex) und der Unità Socio Sanitaria Locale n. 42 di Pavia (im Folgenden: USL) wegen eines Ausschreibungsverfahrens über einen Lieferauftrag.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3.

Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33), geändert durch die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) (im Folgenden: Richtlinie 89/665), bestimmt:

Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinien 71/305/EWG, 77/62/EWG und 92/50/EWG … fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel, insbesondere von Artikel 2 Absatz 7, auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

4.

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 89/665 bestimmt:

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,

b) damit die Aufhebung rechtswidriger Entscheid...

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