Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Vertreter eines Nichtlebensversicherungsunternehmens. Im Inland ansässiger Vertreter. Zustellung von Schriftstücken. Entgegennahme des verfahrenseinleitenden Schriftstücks. Unanwendbarkeit
Normenkette
Richtlinie 2009/138/EG; EGV Nr. 1393/2007
Beteiligte
Tenor
Art. 152 Abs. 1 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) in Verbindung mit ihrem Art. 151 und dem achten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken”) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates ist dahin auszulegen, dass die Ernennung eines Vertreters im Aufnahmemitgliedstaat durch ein Nichtlebensversicherungsunternehmen auch die Befähigung dieses Vertreters zur Entgegennahme eines Schriftstücks umfasst, mit dem ein Gerichtsverfahren auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall eingeleitet wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Poznaniu (Landesgericht Posen, Polen) mit Entscheidung vom 13. Dezember 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Januar 2019, in dem Verfahren
Corporis sp. z o.o.
gegen
Gefion Insurance A/S
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin L. S. Rossi (Berichterstatterin) sowie der Richter J. Malenovský und F. Biltgen,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Corporis sp. z o.o., vertreten durch P. Nowosielski und P. Mazgaj, radcowie prawni,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe, M. Heller und S. L. Kalėda als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. 2009, L 335, S. 1) sowie der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken”) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. 2007, L 324, S. 79).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Corporis sp. z o.o., einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Polen, und der Gefion Insurance A/S, einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Dänemark, über den Ersatz durch einen Verkehrsunfall verursachter Schäden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 76, 105 und 127 der Richtlinie 2009/138 heißt es:
„(76) In Anbetracht der wachsenden Mobilität der Bürger der Union wird die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zunehmend grenzüberschreitend angeboten. Um zu gewährleisten, dass das Grüne-Karte-System und die Vereinbarungen zwischen den nationalen Büros der Kraftfahrzeugversicherer weiterhin ordnungsgemäß funktionieren, sollten die Mitgliedstaaten von Versicherungsunternehmen, die [in] ihrem Gebiet im Rahmen der Dienstleistungserbringung Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen anbieten, verlangen können, dass sie sich dem nationalen Versicherungsbüro und dem in diesem Mitgliedstaat eingerichteten Garantiefonds anschließen und sich an deren Finanzierung beteiligen. Der Mitgliedstaat der Dienstleistung sollte von Unternehmen, die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen anbieten, verlangen, dass sie in seinem Gebiet einen Vertreter ernennen, der alle erforderlichen Informationen über Schadensfälle zusammenträgt und das betreffende Unternehmen vertritt.
…
(105) Alle Versicherungsnehmer und Begünstigten sollten ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Wohnsitzes gleich behandelt werden. …
…
(127) Es ist äußerst wichtig, dass Forderungen, die Versicherten, Versicherungsnehmern, Begünstigten und geschädigten Dritten, die einen Direktanspruch gegen das Versicherungsunternehmen haben, aufgrund von Versicherungsgeschäften zustehen, im Liquidationsverfahren geschützt sind, …”
Rz. 4
Art. 147 dieser Richtlinie lautet:
„Jedes Versicherungsunternehmen, das zum ersten Mal in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Tätigkeiten im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit ausüben will, ist gehalten, vorher die Aufsichtsbehörden des Herkunftsmitgliedstaats davon z...