Entscheidungsstichwort (Thema)
Geistiges und gewerbliches Eigentum. Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Vervielfältigungsrecht. Gerechter Ausgleich. Begriff ‚Vervielfältigungen auf Papier oder einem ähnlichen Träger mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung’. Folgen der Nichtanwendung verfügbarer technischer Maßnahmen, die dazu bestimmt sind, nicht genehmigte Handlungen zu verhindern oder einzuschränken. Folgen einer konkludenten oder ausdrücklichen Zustimmung zur Vornahme von Vervielfältigungen
Normenkette
Richtlinie 2001/29/EG
Beteiligte
Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) |
Fujitsu Technology Solutions GmbH |
Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) |
Kyocera, vormals Kyocera Mita Deutschland GmbH |
Tenor
1. Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft wirkt sich auf die Nutzungen von Werken und sonstigen Schutzgegenständen zwischen dem 22. Juni 2001, an dem die Richtlinie in Kraft trat, und dem 22. Dezember 2002, an dem die Frist zu ihrer Umsetzung ablief, nicht aus.
2. Eine etwaige Zustimmung des Rechtsinhabers zur Vervielfältigung seines Werks oder eines sonstigen Schutzgegenstands im Rahmen einer in Art. 5 Abs. 2 oder 3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahme oder Beschränkung hat keine Auswirkung auf den gerechten Ausgleich, unabhängig davon, ob er nach der einschlägigen Bestimmung dieser Richtlinie zwingend oder fakultativ vorgesehen ist.
3. Die Möglichkeit einer Anwendung technischer Maßnahmen im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2001/29 kann die in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie vorgesehene Bedingung eines gerechten Ausgleichs nicht entfallen lassen.
4. Der Ausdruck „Vervielfältigungen mittels beliebiger fotomechanischer Verfahren oder anderer Verfahren mit ähnlicher Wirkung” im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass er Vervielfältigungen mittels eines Druckers und eines PCs umfasst, wenn diese Geräte miteinander verbunden sind. In diesem Fall steht es den Mitgliedstaaten frei, ein System einzuführen, bei dem der gerechte Ausgleich von den Personen entrichtet wird, die über ein Gerät verfügen, das in nicht eigenständiger Weise zu dem einheitlichen Verfahren der Vervielfältigung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands auf dem betreffenden Träger beiträgt, da diese Personen die Möglichkeit haben, die Kosten der Abgabe auf ihre Kunden abzuwälzen; dabei darf der Gesamtbetrag des gerechten Ausgleichs, der als Ersatz für den Schaden geschuldet wird, der dem Urheber am Ende eines solchen einheitlichen Verfahrens entstanden ist, nicht substanziell von demjenigen abweichen, der für die Vervielfältigung mittels nur eines Geräts festgelegt ist.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidungen vom 21. Juli 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 5. September 2011, in den Verfahren
Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort)
gegen
Kyocera, vormals Kyocera Mita Deutschland GmbH,
Epson Deutschland GmbH,
Xerox GmbH (C-457/11),
Canon Deutschland GmbH (C-458/11)
und
Fujitsu Technology Solutions GmbH (C-459/11),
Hewlett-Packard GmbH(C-460/11),
gegen
Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), U. Lõhmus und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2012,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), vertreten durch die Rechtsanwälte U. Karpenstein, G. Schulze und R. Staats,
- der Fujitsu Technology Solutions GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt C. Frank,
- der Hewlett-Packard GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte G. Berrisch und A. Strowel,
- von Kyocera (vormals Kyocera Mita Deutschland GmbH), der Epson Deutschland GmbH, der Xerox GmbH und der Canon Deutschland GmbH, vertreten durch die Rechtsanwälte C. Lenz und T. Würtenberger,
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch D. Hadroušek als Bevollmächtigten,
- der spanischen Regierung, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,
- Irlands, vertreten durch D. O'Hagan als Bevollmächtigten,
- der litauischen Regierung, vertreten durch R. Mackevičienė und R. Vaišvilienė als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman, C. Wissels und M. Bulterman als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch A. Posch als Bevollmächtigten,
- der polnischen Regierung, vertret...