Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität. Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlung gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union. Wirkungen nationaler Entscheidungen. Verjährungsfristen. Umsetzung. Zeitliche Geltung
Normenkette
AEUV Art. 102; Richtlinie 2014/104/EU Art. 9 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2-4, Art. 21-22
Beteiligte
Cogeco Communications Inc |
Tenor
1. Art. 22 der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union ist dahin auszulegen, dass diese Richtlinie nicht auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist.
2. Art. 102 AEUV und der Grundsatz der Effektivität sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die zum einen vorsieht, dass die Verjährungsfrist für Schadensersatzklagen drei Jahre beträgt und zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Geschädigte von seinem Anspruch auf Schadensersatz Kenntnis erlangt, auch wenn die für den Verstoß verantwortliche Person nicht bekannt ist, und zum anderen keine Möglichkeit vorsieht, diese Frist während eines bei der nationalen Wettbewerbsbehörde anhängigen Verfahrens zu hemmen oder zu unterbrechen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Judicial da Comarca de Lisboa (Kreisgericht Lissabon, Portugal) mit Entscheidung vom 25. Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 15. November 2017, in dem Verfahren
Cogeco Communications Inc.
gegen
Sport TV Portugal SA,
Controlinveste-SGPS SA,
NOS-SGPS SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter) sowie der Richter T. von Danwitz, E. Levits, C. Vajda und P. G. Xuereb,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Cogeco Communications Inc., vertreten durch M. Sousa Ferro und E. Ameye, advogados,
- der Sport TV Portugal SA, vertreten durch C. I. Pinto Xavier und M. Pena Machete, advogados,
- der Controlinveste-SGPS SA, vertreten durch P. J. de Sousa Pinheiro und L. Montenegro, advogados,
- der NOS-SGPS SA, vertreten durch G. Machado Borges, J. Vieira Peres, G. Andrade e Castro und M. Martins Pereira, advogados,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und D. Sousa als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Costa de Oliveira, B. Ernst, G. Meessen und C. Vollrath als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. Januar 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 bis 4, Art. 21 Abs. 1 und Art. 22 der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. 2014, L 349, S. 1), von Art. 102 AEUV sowie der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität.
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Cogeco Communications Inc. auf der einen Seite und der Sport TV Portugal SA, der Controlinveste-SGPS SA und der NOS-SGPS SA auf der anderen Seite über den Ersatz des Schadens, der aus den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von Sport TV Portugal als Tochtergesellschaft von Controlinveste-SGPS und NOS-SGPS entstanden ist.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2014/104 lautet:
„In dieser Richtlinie sind bestimmte Vorschriften festgelegt, die erforderlich sind, um zu gewährleisten, dass jeder, der einen durch eine Zuwiderhandlung eines Unternehmens oder einer Unternehmensvereinigung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, das Recht, den vollständigen Ersatz dieses Schadens von diesem Unternehmen oder dieser Unternehmensvereinigung zu verlangen, wirksam geltend machen kann. In dieser Richtlinie sind Vorschriften festgelegt, mit denen der unverfälschte Wettbewerb im Binnenmarkt gefördert und Hindernisse für sein reibungsloses Funktionieren beseitigt werden, indem in der ganzen Union ein gleichwertiger Schutz für jeden gewährleistet wird, der einen solchen Schaden erlitten hat.”
Rz. 4
Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. ‚Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht’ eine Zuwiderha...