Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Zugang zu den Dokumenten der Organe. Verordnung (EG) Nr. 1049/2001. Dokumente, die ein Verfahren zur Kontrolle eines Unternehmenszusammenschlusses betreffen. Verordnung (EG) Nr. 139/2004. Verweigerung des Zugangs. Ausnahmen zum Schutz des Zwecks von Untersuchungstätigkeiten, der geschäftlichen Interessen, der Rechtsberatung und des Entscheidungsprozesses der Organe
Beteiligte
Kommission / Agrofert Holding |
Tenor
1. Nr. 2 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Juli 2010, Agrofert Holding/Kommission (T-111/07), wird aufgehoben, soweit damit die Entscheidung D(2007) 1360 der Europäischen Kommission vom 13. Februar 2007 für nichtig erklärt wird, mit der der Zugang zu den zwischen der Kommission und den Anmeldern sowie den zwischen der Kommission und Dritten ausgetauschten Dokumenten der Sache COMP/M.3543 betreffend den Zusammenschluss der Polski Koncern Naftowy Orlen SA mit Unipetrol versagt wurde.
2. Nr. 3 des Tenors des vorstehend genannten Urteils wird aufgehoben.
3. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.
4. Die von der Agrofert Holding a.s. beim Gericht der Europäischen Union erhobene Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung D(2007) 1360 der Europäischen Kommission vom 13. Februar 2007, mit der der Zugang zu den zwischen der Kommission und den Anmeldern sowie den zwischen der Kommission und Dritten ausgetauschten Dokumenten der Sache COMP/M.3543 betreffend den Zusammenschluss der Polski Koncern Naftowy Orlen SA mit Unipetrol versagt wurde, wird abgewiesen.
5. Die Europäische Kommission und die Agrofert Holding a.s. tragen jeweils die ihnen im ersten Rechtszug und im vorliegenden Rechtsmittelverfahren entstandenen eigenen Kosten.
6. Die Polski Koncern Naftowy Orlen SA und das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 23. September 2010,
Europäische Kommission, vertreten durch B. Smulders, P. Costa de Oliveira und V. Bottka als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Agrofert Holding a.s. mit Sitz in Prag (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigte: R. Pokorný und D. Šalek, advokáti,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Polski Koncern Naftowy Orlen SA mit Sitz in Płock (Polen), Prozessbevollmächtigte: S. Sołtysiński, K. Michałowska und A. Krasowska-Skowrońska, radcy prawni,
Königreich Dänemark, vertreten durch S. Juul Jørgensen als Bevollmächtigten,
Republik Finnland,
Königreich Schweden, vertreten durch K. Petkovska und S. Johannesson als Bevollmächtigte,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis, T. von Danwitz und D. Šváby,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. September 2011,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Dezember 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 7. Juli 2010, Agrofert Holding/Kommission (T-111/07, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung D (2007) 1360 der Kommission vom 13. Februar 2007 (im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat, mit der der Zugang zu den Dokumenten der den Zusammenschluss der polnischen Gesellschaft Polski Koncern Naftowy Orlen SA (im Folgenden: PKN Orlen) mit der tschechischen Gesellschaft Unipetrol betreffenden Sache COMP/M.3543 in einem Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen („EG-Fusionskontrollverordnung”) (ABl. L 24, S. 1) versagt wurde.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die insbesondere auf Art. 255 Abs. 2 EG (nach Änderung jetzt Art. 15 AEUV) gestützte Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze, die Bedingungen und die Einschränkungen des Rechts auf Zugang zu den Dokumenten dieser Organe fest.
Rz. 3
In Art. 4 („Ausnahmeregelung”) dieser Verordnung heißt es:
„…
(2) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:
- der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,
- der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,
- der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,
es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.
(3) Der Zugang zu einem D...