2.1 Ladenlokale aller Art
Innerhalb von Einkaufszentren wie Kaufhäusern, Supermärkten und Getränkemärkten bestehen gesteigerte Verkehrssicherungspflichten, weil die Kunden – wie vom Betreiber beabsichtigt – ihr Augenmerk vornehmlich auf die Warenauslagen lenken. Es gelten strenge Sicherheitsstandards. Entsprechend kann der Geschäftsinhaber bereits für kleinere Gefahrenquellen haften.
Dies betrifft Handelsläden aller Art:
Auch wenn das Warensortiment eines Baumarkts nicht das Gefahrenpotenzial eines Lebensmittelmarkts hat, muss der Betreiber eines Baumarkts insbesondere im Kassenbereich für regelmäßige Kontrollen sorgen.
Auch der Betreiber von sog. Billigmärkten muss seine Kunden vor ohne Weiteres vermeidbaren Gefahren schützen. Er muss die Waren so bereitstellen und die Gänge zwischen den Warenkörben und anderen Vorratsbehältern so frei halten, dass ein gefahrloses Gehen und Entnehmen der Waren für einen aufmerksamen Kunden möglich ist.
Der Betreiber eines Getränkefachgroßhandels haftet grundsätzlich auch für nächtliche "Fehlleistungen" der Verkehrsteilnehmer auf seinem frei zugänglichen Betriebsgelände.
Auch in kleineren Ladenlokalen besteht diese Verkehrssicherungspflicht, so etwa bei Umräumarbeiten in einem Blumengeschäft. Ein Modegeschäft verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn es seine Auslagen auf einem Warenständer präsentiert, der von einem (hier: 4-jährigen) Kleinkind mit geringem Kraftaufwand umgekippt werden kann und dadurch die Gefahr erheblicher Verletzungen begründet.
2.2 Kaufhaus und Einkaufszentrum
2.2.1 Eingang und Bodenbelag
Der Betreiber eines Einkaufszentrums muss zumutbare Sicherheitsvorkehrungen treffen, um der Rutschgefahr vorzubeugen, die dadurch entsteht, dass Kunden wegen der Witterungsverhältnisse (Schneeregen) Nässe in den Eingangsbereich tragen.
Für Fußböden in Kaufhäusern und Supermärkten gilt, dass der Belag so auszuwählen und zu unterhalten ist, dass die Stand- und Trittsicherheit der Kunden selbst dann noch gewährleistet ist, wenn sie sich auf die in den Regalen ausgestellten Waren konzentrieren.
"Stolperfallen"
So haftet der Geschäftsinhaber, wenn eine Kundin in einem Einkaufszentrum an einer Stelle zu Fall kommt, wo die fest verlegten und verfugten Platten einen Niveauunterschied von 1–1,5 cm aufweisen. In einem solchen Innenbereich sind an die Pflicht zur Verkehrssicherung strengere Anforderungen zu stellen als bei öffentlichen Gehwegen. Bei einem fest in Estrich verlegten und verfugten Bodenbelag rechnet der Kunde nicht mit Unebenheiten.
Stürzt ein Kunde vor dem Betreten eines Lebensmittelmarkts wegen einer vor dem Eingang befindlichen Stolperkante von bis zu 3 cm, kann der Tatbestand einer unfallursächlichen schuldhaften Verletzung der Verkehrssicherungspflicht erfüllt sein. Allerdings muss sich der Geschädigte ein Eigenverschulden von 50 % anrechnen lassen. Denn eine völlige Gefahrlosigkeit eines Gehwegs kann von den Kunden bzw. Passanten nicht erwartet werden.
Ein Unternehmer verletzt seine Verkehrssicherungspflichten auch gegenüber seinen Kunden, wenn er in einem als Einkaufszentrum genutzten Gebäude die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) nicht einhält. Da das Gebäude auch von den Angestellten der in dem Gebäude befindlichen Geschäfte genutzt wird, müssen die Wege entsprechend ausgestaltet sein, sodass auch der "normale" Besucher mit einer derartigen, den Vorschriften der Arbeitssicherheit entsprechenden Gestaltung rechnen darf.
Die Pflicht, den Boden frei von Stolperfallen zu halten, besteht schon vor der Ladenöffnungszeit, wenn Kunden auch zu diesem Zeitpunkt bereits den Laden betreten und Geschäfte abschließen können.
Wasserpfützen
Stürzt ein Besucher einer Einkaufspassage in einer Wasserlache, so begründet dies keinen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Dies gilt erst recht, wenn der Verkehrssicherungspflichtige in der Passage (wegen winterlicher Witterungsverhältnisse) eine Schmutzfangmatte ausgelegt und einen Warnhinweis auf die Sturzgefahr angebracht hat.
Der Betreiber eines Shopping-Centers erfüllt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn in einem Bereich von Textilgeschäften ohne besondere Gefahrenquellen eine tägliche Reinigung erfolgt und im Turnus von 2 Stunden Reinigungskräfte den Bereich überwachen und bei Bedarf nachreinigen.