Zusammenfassung
Stürzt ein Gebäude ein oder lösen sich Teile davon ab, haftet der Grundstücksbesitzer, nicht (nur) der Eigentümer für etwaige Personen- und Sachschäden, wenn Ursache hierfür mangelhafte Errichtung oder Instandhaltung des Gebäudes ist. Es ist also nicht erforderlich, dass man auch Eigentümer des Grundstücks ist, allein der Besitz ist für die Haftung schon ausreichend.
1 Haftung des Grundstücksbesitzers
1.1 Begriff des Gebäudes
Der Begriff des "Gebäudes" ist weit auszulegen: Sogar ein Wohnmobil und der Vorbau eines Wohnwagens zählen hierzu.
Die Haftung nach § 836 Abs. 1 BGB greift auch beim Einsturz eines "mit dem Grundstück verbundenen Werks", hierunter fallen z. B.:
- Baugerüste,
- ein Messezelt,
- die Zuschauerränge in einem Zirkuszelt,
- Werbeschilder,
- Zäune und auch
- ein Jagdhochsitz.
Nicht erfasst werden Pflanzen oder Schnee und Eiszapfen auf Hausdächern, wohl aber eine Beschädigung durch einen Eisblock, der aus einer Dachrinne fällt, weil sie unter seinem Gewicht nach vorne gebogen wurde.
Einer Leiter, die an der Außenseite eines an einer Hauswand aufgestellten Baugerüsts angelegt ist und jederzeit fortbewegt werden kann, fehlt es schon begrifflich an einem Werk i. S. d. § 836 BGB, und zwar unabhängig von der Funktion der Leiter für das Gerüst.
Gebäudeteile
Eine Haftung wegen "Ablösung von Gebäudeteilen" ist sogar beim Bruch einer Treppenstufe möglich, und zwar dann, wenn die Stufe einer auf den Dachboden führenden Treppe beim Betreten bricht. Sie ist Teil des Gebäudes, weil sie in einem so festen baulichen Zusammenhang mit dem Gebäude steht, dass sich daraus nach der Verkehrsanschauung ihre Zugehörigkeit zum Bauganzen ergibt.
Auch Objekte im Sinne einer "Kunst am Bau", z. B. frei stehende Skulpturen, hängende Installationen etc., stellen Gebäudeteile dar, die der Haftung nach § 836 BGB unterliegen.
1.2 Haftungsausschluss und Beweislast
Es handelt sich um einen Fall der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, der in § 836 Abs. 1 BGB besonders geregelt ist. Danach tritt die Ersatzpflicht allerdings nicht ein, "wenn der Besitzer zum Zweck der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat".
Es werden also nach dem Gesetz sowohl das Verschulden des Grundstücksbesitzers als auch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesem Verschulden und dem eingetretenen Schaden vermutet. Es ist dann Sache des Besitzers, sich zu entlasten und den entsprechenden Beweis zu führen. Allerdings werden an die Pflicht zur sorgfältigen und fortgesetzten Überwachung des Zustands des Bauwerks hohe Anforderungen gestellt. Gegebenenfalls muss der Grundstücksbesitzer zuverlässige, fachkundige Personen zur Überprüfung hinzuziehen.
Wartung
So reicht bei einem rund 50 Jahre alten, noch nicht erneuerten Dach die interne Betriebsanweisung, das Dach alle 2 Jahre zu überprüfen, nicht aus. Es besteht hier eine gesteigerte Prüfungspflicht jedenfalls einmal jährlich, insbesondere nach heftigeren Wettern, wie sie im Sommer und Herbst vorkommen. Diese Prüfung dürfe sich auch nicht auf eine oberflächliche Sichtprüfung beschränken.
Prüfungsumfang
Zu einer solchen Überprüfung gehört es, den First abzulaufen, die Firststeine auf Klammerung zu überprüfen und die Ortgänge zu untersuchen.
Auch begründet es den Anschein für eine fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung des Gebäudes, wenn bei einem Sturm Dachziegel auf einen davor abgestellten Pkw fallen.
Der Anscheinsbeweis wird auch nicht dadurch erschüttert, dass ein Werbeschild von einer renommierten Fachfirma angebracht wurde und der Grundstücksbesitzer es noch im gleichen Monat durch Inaugenscheinnahme kontrolliert hat, ohne Auffälligkeiten festzustellen.
Hat hingegen der Gebäudebesitzer einen Dachdeckerbetrieb damit beauftragt, das Dach alle 3 Monate zu begehen und zu überprüfen, so hat er mit der Einschaltung einer "renommierten", nämlich alteingesessenen und für ihre gute Arbeit bekannten Dachdeckerfirma das ihm Zumutbare zur Gefahrenabwehr unternommen.